Mit dem „Ohrengang“ gibt es in Lübeck eine neue Stadtführung

Wer bereits an den ersten Ohrengang-Führungen von Stadtführerin Kirsten-Bettina Hüls im Frühjahr teilgenommen hat, weiß, dass die Hansestadt ihre ganz besonderen Klänge hat, die ohne besondere Achtsamkeit auf unseren alltäglichen Wegen kaum wahrgenommen werden. Auf diese Achtsamkeit und Wahrnehmung kommt es Kirsten-Bettina Hüls auf ihren Stadtwegen an: „Der Ohrengang ist ein gemeinsames Projekt zwischen dem Blinden- und Sehbehinderten-Verein Schleswig-Holstein und mir“, erzählt sie.

So lässt sich Lübeck mit allen Sinnen erleben

Und gleich am Treffpunkt am Holstentor lädt sie zur ersten Achtsamkeitsübung ein: Wer dort bei den steinernen Löwen ganz bewusst die Augen schließt, nimmt zwar die enormen Verkehrsströme wahr, „doch sie treten aufgrund des Nichtsehens in den Hintergrund und wir nehmen unser Inneres mehr wahr“, weiß die Stadtführerin. Silke Gimmler bestätigt diese Erfahrung. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Martin Hartjen nimmt sie an dem Ohrengang teil und ist gespannt auf weitere Erfahrungen und Hörerlebnisse.

Eine Einladung vor allem für die Ohren

„Der Ohrengang ist eine Einladung vor allem für die Ohren“, erläutert die Stadtführerin. Dabei mag es blinden und sehbehinderten Menschen eher gelingen, sich auf das Innere in sich zu konzentrieren. Doch auch für Sehende kann der Ohrengang eine Möglichkeit sein, die eigene Wahrnehmung zu schulen. „Das Leben wird immer stressiger erlebt. Die Wahrnehmung der Geräusche im Außen kann uns mit geschlossenen oder nicht sehenden Augen wieder mehr in unser Inneres führen. Wir werden ganz ruhig, trotz des Trubels um uns herum“, so die Lübeckerin.

Kirchenglocken sind besonderes Hörerlebnis

Über die Willy-Brandt-Allee führt der Ohrengang vorbei an der Musik- und Kongresshalle (MuK). Unterwegs ist einiges über die Historie der Hansestadt zu erfahren. Auch Fragen zur Geschichte der Stadt beantwortet die Stadtführerin gerne. Auf der MuK-Brücke sind die Teilnehmenden zu einem kleinen Hüpfer eingeladen und die entstehenden Vibrationen wahrzunehmen. Wer sich nicht traut, nimmt diese mit geschlossenen Augen ebenfalls wahr. Auch die Kirchenglocken fließen in den Ohrengang ein und bilden erneut ein Hörerlebnis der besonderen Art. Auch auf ein Tondokument dürfen Interessierte gespannt sein, bevor es mit weiteren Informationen in der Beckergrube am Stadttheater vorbei Richtung Bürgergärten geht, um dort bei den Wasserspielen achtsam zu verweilen. Den Abschluss des Ohrengangs bildet das Burgkloster mit weiteren Hörerlebnissen.

M. Poppe-Albrecht

Stadtführung der besonderen Art: Kirsten-Bettina Hüls (rechts) am Holstentor mit Silke Gimmler und Martin Hartjen.  (Foto: M. Poppe-Albrecht)

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