Vogelmanagement: Das Eutiner Rathaus wird zum Tauben-Hotel

Tauben vergiften im Park – das berühmte, böse Lied des Kabarettisten Georg Kreisler ist zwar nur Satire, zeigt aber, dass es in den Städten schon vor 65 Jahren Ärger um diese Vögel gab. Zur Lösung des Taubenproblems auf dem neu gestalteten Eutiner Marktplatz kommt eine so radikale Maßnahme keinesfalls infrage. Im Gegenteil: Im Rathaus bekommt das Federvieh ab sofort freie Kost und Logis. Die Kommune setzt damit auf ein Taubenmanagement für die Innenstadt.

Bürgermeister Radestock hat die Initiative ergriffen

Die Initiative dazu hat jetzt Bürgermeister Sven Radestock ergriffen. „Bei uns beschweren sich die Menschen über den Vogeldreck auf den Bänken, manche fühlen sich belästigt und andere klagen wiederum darüber, dass hier so viele Tauben hungern. Fest steht, dass man es nicht einfach laufen lassen kann“, sagt der Verwaltungschef und erinnert daran, dass sich die Tiere jetzt im Frühjahr „wieder sehr lieb haben“ – sprich: sie pflanzen sich mit Tempo fort. Bis zu achtmal im Jahr können Tauben brüten. „Lassen wir es ausufern, wird das Problem immer größer.“

Fachmann Torsten Nagel kümmert sich um das Problem

Um der Population Herr zu werden, setzt Radestock nun auf einen Eutiner Fachmann: Torsten Nagel züchtet seit 45 Jahren Tauben. Er ist in dieser Disziplin sogar zweifacher Europameister. „Tauben gehören zu meinem Alltag. Es ist keine Belastung für mich, mich auch um die verwilderten Haustauben in der Innenstadt zu kümmern“, sagt der 60-Jährige. Er weiß, wie die Tiere ticken. Weder Bejagung noch Vergrämung wären besonders erfolgversprechend. Nagel geht anders vor: „Wir haben den Tauben ein Hotel gebaut, Übernachtung und Frühstück sind kostenlos“, sagt der Züchter schmunzelnd.

Konkret heißt das: Die Stadt hat innerhalb kürzester Zeit einen ohnehin undichten Dachverschlag im hinteren Rathausbereich so ausgebaut, dass dieser als Taubenhaus dienen kann – inklusive Nischen für Nistschalen. Nagel lockt die Tiere dorthin und wird sie zweimal am Tag füttern. Durch Schnabel-zu-Schnabel-Propaganda werde sich die Nachricht von diesem tollen Ort schnell unter den Tauben verbreiten.

Beringte Tauben zurück an den Züchter

„Wenn das gelingt, werden sich die dann gesättigten Tauben nur noch in seltenen Fällen auf dem Markt aufhalten“, erläutert Bürgermeister Radestock. Taubenfachmann Nagel kümmert sich regelmäßig um die Tiere. Beringte Tauben sollen entnommen und an ihre Züchter zurückgegeben werden. Brütenden Vögeln klaut Nagel die Eier und schiebt ihnen Attrappen unter. „Wir hoffen, dass wir so von den derzeit 200 bis 250 am Markt ansässigen Tauben auf rund 20 Paare herunterkommen“, gibt Nagel ein Ziel vor.

Der Optimismus scheint gerechtfertigt zu sein, denn auch viele Züchterkollegen haben Torsten Nagel bereits Unterstützung zugesagt. Sie würden ein paar Tiere in geschlossenen Volieren aufnehmen, und auch eine Übersiedlung in den Westküstenpark in St. Peter-Ording ist möglich.

Passanten sollen Tauben nicht mehr füttern

Damit die Pläne aufgehen, ist aber auch die Hilfe der Bürger wichtig. „Wir bitten alle Eutiner und Gäste eindringlich darum, die Tauben nicht zu füttern“, betont Fachbereichsleiter Martin Klehs. Denn wenn die Tiere mit Brot- oder Gebäckresten gefüttert werden, werden sie davon krank, der Kot wird ätzend. Darüber hinaus bittet die Stadt die Eigentümer der Immobilien am Markt um Mithilfe. Sie mögen die Dachbereiche kontrollieren und weitere Taubenpopulationen melden, so Radestock. Als Ansprechpartnerin im Eutiner Rathaus steht Inke Sörensen, Telefon 045 21/79 32 41 oder E-Mail i.soerensen@eutin.de, zur Verfügung.

Volker Graap

Züchter und Vogelexperte Torsten Nagel (rechts) und Bürgermeister Sven Radestock wollen die Vögel unter das Rathausdach lotsen. Fast handzahm sind die ausgehungerten Tauben auf dem Marktplatz in Eutin. Sie werden zunehmend zum Problem. (Fotos: Graap)

 

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