Der Soundtrack zum Weihnachtsfest: Mach‘ das Radio an!

Es ist einfach so: Ein Radiomoderator kommt um Weihnachten nicht herum, auch wenn er es angesichts von Krieg und Krise gerne möchte. „Ich habe aber die Möglichkeit, meine Sendungen anders als üblich zu gestalten“, sagt Manfred Behrens. Er ist Kopf und Stimme der Radioshow „Soundtrack“, die jeden Donnerstag um 21 Uhr auf WDR 4 läuft. Alle paar Wochen pendelt Behrens zwischen Köln und Eutin, wo er seit zwei Jahren mit seiner Frau, der Künstlerin  Inga Rienau, lebt. In der Domstadt moderiert er eine Live-Sendung und nimmt zwei weitere auf.

Manfred Behrens ist ein echtes Nordlicht

Der Umzug nach Eutin kommt nicht von ungefähr, denn Behrens ist ein Nordlicht. Er stammt aus Bad Schwartau, erst das Studium der Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft hat ihn an den Rhein verschlagen. Für den WDR hat er zunächst Dokumentarfilme gemacht, ab den 90er-Jahren hat Behrens dann auch Filmmusik im Radio präsentiert. Seine aktuelle  Sendung „Soundtrack“ hat immer ein bestimmtes Motto. „Die Themen liegen auf der Straße, man muss sie nur aufgreifen. Ein Programm drumherum zu sticken, ist aber sehr viel kreative Arbeit“, sagt Behrens.

Sendung wird zu einer durchgängigen Erzählung

Und Weiter: „Denn kein Song ist zufällig. Ein Titel greift in den anderen. Die Musikstücke und Geschichten dazu montiere ich wie ein Cutter beim Filmschnitt, sodass die Sendung zu einer durchgängigen Erzählung wird.“ Den Kinostart des französischen Dramas „Im Taxi mit Madeleine“ nutzt er zum Beispiel, um auf Taxifahrten im Film zurückzublicken. Und noch im Advent thematisiert Behrens „Armut“. Das müsse in diesen Zeiten einfach gemacht werden, werde aber schwierig – „denn trotz alledem ist ,Soundtrack‘ ja eine Unterhaltungssendung“, meint der Moderator. Hier bietet sich Musik aus Filmklassikern wie „Früchte des Zorns“, „Asphalt-Cowboy“ oder „Fahrraddiebe“ an.

Es darf nicht nur nach Friede, Freude, Eierkuchen klingen

Für die Sendung am 22. Dezember hätte der Radiomann angesichts der Lage in der Welt am liebsten ein unweihnachtliches Thema gewählt. „Aber man kann sich nicht einfach davonstehlen, darf jedoch auch nicht verschweigen, dass 1000 Flugkilometer von hier täglich Menschen sterben“, betont Behrens. Und so hat er besondere Filmmusik-Stücke herausgesucht, die nicht nur nach Friede, Freude, Eierkuchen klingen. Angefangen mit dem Spielfilm „Merry Christmas“ von 2005 über die spontane Weihnachtspause an der Westfront 1914. Denn als der Erste Weltkrieg tobte, feierten französische, britische und deutsche Soldaten am Heiligabend für ein paar Stunden einen kleinen Frieden im großen Krieg. In dem Antikriegsfilm spielt der Klassiker „Stille Nacht, heilige Nacht“ eine zentrale Rolle.

Die Story von „Have Yourself A Merry Little Christmas“

Auch die Story hinter einem anderen Klassiker will Behrens erzählen: „1943 sang Judy Garland ,Have Yourself A Merry Little Christmas‘. Die Textzeilen waren aber alles andere als aufbauend.“ Es herrschte Krieg, und der Liedtext lautete: „Mach dir ein frohes, kleines Weihnachtsfest, es könnte dein letztes sein. Nächstes Jahr können wir alle Vergangenheit sein.“ Nach der Intervention von Garland, der diese Fassung zu traurig war, dichtete der Texter um: „Mach dir ein frohes, kleines Weihnachtsfest, lass dein Herz leicht sein. Nächstes Jahr werden all unsere Sorgen vergessen sein.“

Von John Wayne bis Laurel und Hardy

Manfred Behrens ist auch ein Fan davon, bekannte Lieder in anderen Versionen zu spielen. In dem John-Wayne-Film „Die Hafenkneipe von Tahiti“ zum Beispiel bekommt „White Christmas“ einen multikulturellen Südsee-Touch. Außerdem wirft Behrens einen Blick auf das berühmteste Komikerduo des Films: In „Das große Geschäft“ legen Stan Laurel und Oliver Hardy als Weihnachtsbaumverkäufer die ganze Nachbarschaft in Schutt und Asche.

Ein Höhepunkt des Fernsehens: „Heiligabend auf St. Pauli“

„Ein Höhepunkt nicht nur der Sendung, sondern auch des Fernsehens ist die NDR-Dokumentation ,Heiligabend auf St. Pauli‘, die Regisseur Klaus Wildenhahn 1967 in einer Kneipe auf der Reeperbahn gedreht hat“, sagt Behrens. Der Film zeige Stammgäste und Laufkundschaft an einem der für sie wohl einsamsten Tage des Jahres. „Es ist wunderbar, welche Songs im Laufe des Abends an der Jukebox gedrückt werden – von ,La Paloma‘ über „Morning Of My Life“ von Esther und Abi Ofarim bis hin zu ,Golden Boy‘ von Freddy Quinn“, erzählt Behrens, dem diese weihnachtliche Milieustudie besonders am Herzen liegt.

Die Sendung gibt es live oder zum Nachhören auf WDR 4

Auch in der „Soundtrack“-Weihnachtssendung grast der Moderator wie gewohnt das breite Spektrum der Filmmusik ab – von den 20er-Jahren bis heute. Aber mit der Auswahl guter Musik und interessanter Geschichten ist es nicht getan. „Die Kunst ist, die Hörer persönlich anzusprechen und den Leuten das Gefühl zu geben, man würde mit ihnen auf dem Sofa vor dem Radio sitzen“, schmunzelt Manfred Behrens. Am nächsten Donnerstag nimmt er dort wieder Platz. Live oder zum Nachhören gibt es die Sendung „Soundtrack“ im Internet auf WDR4.de.

Volker Graap

Wenn er in einer Live-Sendung im Studio am Mikrofon sitzen kann, fühlt sich Manfred Behrens am wohlsten. (Foto: hfr)

Manfred Behrens, der Filmemacher
Manfred Behrens liebt es nicht nur, live am Mikrofon im Studio des Radios zu sitzen. Er hat sich auch im Fernsehbereich mit Filmdokumentationen einen Namen gemacht. Im Rahmen der ARD-Reihe „20 Tage im 20. Jahrhundert“ lieferte er 1999 einen Beitrag über John F. Kennedy. Sein Film zeichnet den Mythos Kennedy nach, zeigt aber auch die Schattenseiten. Im Jahr 2000 arbeitete Behrens „Das Trauma Vietnam“ auf und erhielt dafür den Dokumentarfilmpreis der Nordischen Filmtage Lübeck. Auch Behrens Filmarbeit zeichnet sich durch Vielfalt aus und reicht vom Woody-Allen-Porträt bis hin zur Doku „Zugabe“: 30 Jahre nach einer Dokumentation über die Kölner „Talentprobe“, die Mutter aller Castingshows, hatte Behrens die Protagonisten erneut vor die Kamera geholt und geschaut, wie ihre Lebenswege verlaufen sind. Insgesamt ist die Liste mit den Interviewpartnern von Manfred Behrens ebenso lang wie prominent: Arthur Miller, Günter Grass, Charles Manson, Robert McNamara, Annie Leibovitz oder auch Götz George gehören dazu.
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