„Und plötzlich fingen die Mauern an zu sprechen“: Schau spannt Bogen vom Bau der Kirche zur christlichen Religion
Wer die Lübecker Petri-Kirche betritt, sollte von nun an unbedingt einen Abstecher in die Marientidenkapelle machen. Dort ist die neue Dauerausstellung „Gebaute Vision – Vom himmlischen Jerusalem bis zum Nullpunkt der Religion“ beheimatet. Die Besucher können staunen, was sie auf dem Ausstellungstisch in der knapp 40 Quadratmeter großen Kapelle erwartet: Ein multidimensionales Arrangement mit einer Fülle an Informationen verschiedener Epochen Lübecks und St. Petri. Viel Wissen findet sich in wenigen Worten gut und leicht verständlich direkt auf den Ausstellungstischen. Ergänzt werden sie durch Klappen und Schubladen mit weiterführenden Aspekten, illustriert von historischen Bildern und Requisiten.
Dazu gibt es dreidimensionale Drucke der St.-Petri-Kirche in ihren Bauphasen, musikalische Beiträge aus unterschiedlichen Zeiten und ein Touch-Pad mit der digitalisierten ersten Bibel als Gesamtausgabe. Diese „Lübecker Bibel von 1534“ ist in Niederdeutsch geschrieben und wird auch „Bugenhagen-Bibel“ genannt. Beim Betrachten der alten Seiten werden diese – ebenfalls in Niederdeutsch – vorgelesen. Und so findet die Geschichte Lübecks, ihrer Blütezeit im Mittelalter und der Hansezeit, der Altstadtkirchen, der Reformation, der Zeit der Aufklärung, der Judenverfolgung, der Weltkriege und dem langen Wiederaufbau der St.-Petri-Kirche ihren Raum auf kleinem Raum.
Kultur-, Wissenschaft- und Kunstveranstaltungen in St. Petri
In St. Petri gibt es keine traditionellen Gottesdienste mehr, dafür aber liturgische Experimente wie die Petri-Visionen und Reihe „Solo-Verbo“. Zahlreiche Kultur-, Wissenschaft- und Kunstveranstaltungen fanden und finden in dem Gotteshaus statt, das allen Interessierten, egal welcher Herkunft oder Religion, offen steht. Von ihnen erzählt ein Ringbuch mit kurzen Texten und Fotos sowie ein aktuell bespielter Monitor. „Für mich ist das Besondere an dieser Ausstellung, dass Besucher die alte Geschichte von St. Petri erleben können und gleichzeitig in die neue Geschichte dieser Kirche mit hineingenommen werden“, fasst Pastor Bernd Schwarze zusammen.
Finanziell gefördert wurde die Ausstellung, die 205 000 Euro kostete, von der Possehl-Stiftung Lübeck, dem Fonds für Kirche und Tourismus der evangelisch-lutherischen Kirche in Norddeutschland sowie dem St.-Petri-Bauverein.
Ausstellungs-Designerin Kathrin Romer, Jürgen Rösing, Architekt Christoph Diebold, St.-Petri-Pastor Bernd Schwarze und Pröpstin Petra Kallies in der neuen Dauerausstellung in St. Petri zu Lübeck (v. li.). Foto: Steffi Niemann