Wenn es hart auf hart kommt, stehen die Stadtvertreter in Eutin zu den Eutiner Festspielen. Auf ihrer Sitzung am Mittwoch gaben sie einstimmig bei zwei Enthaltungen grünes Licht für die Erhöhung des Baubudgets der neuen Tribüne um drei Millionen auf insgesamt rund zwölf Millionen Euro. Nur so besteht die Chance auf eine fristgerechte Fertigstellung zur Saison 2024. Andernfalls wäre die Existenz der Sommeroper bedroht gewesen.
Das durchziehen, was auf den Weg gebracht ist
Die SPD sah keine Alternative dazu, das durchzuziehen, was auf den Weg gebracht worden ist. „Den Planungsprozess wieder aufzurollen, halten wir nicht für sinnvoll. Allenfalls könnte man mit dem einzigen Anbieter der Bauleistung in Nachverhandlungen treten und schauen, wo noch etwas eingespart werden kann“, so der Bauausschussvorsitzende Klaus Kibbel.
Die Kaufkraft in der Stadt halten
Die grüne Fraktionschefin Monika Obieray sprach davon, dass das Thema in ihrer Fraktion extrem kontrovers diskutiert worden sei, man aber am Ende der Ansicht sei, dass es angesichts des Risikos einer Neuausschreibung und eines möglichen Wegfalls der Fördermittel, wenn die Tribüne nicht bis 2024 fertig ist, keine andere Wahl gebe als zuzustimmen. „Für die FDP hat es oberste Priorität, die Festspiele zu erhalten und damit auch Kaufkraft in der Stadt zu halten, die durch die Festspiele generiert wird. Wir stehen an der Seite der Festspiele“, betonte Fraktionschef Marius Winkler.
CDU verlangt angemessenen Beitrag der Festspiele
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Matthias Rachfahl kritisierte die stetig steigenden Kosten für das Projekt. „Ziel bleibt der Erhalt der Festspiele, aber die CDU kann nicht einfach ja zu den drei Millionen Euro Mehrkosten sagen.“ Er erwarte einen angemessenen Beitrag der Festspiele und wolle mit den Festspielen darüber ins Gespräch kommen. Dabei brachte Rachfahl einen Pachtvertrag für die Tribüne, eine Kürzung der städtischen Zuschüsse sowie die Suche nach zahlungskräftigen Sponsoren aus der überregionalen Wirtschaft ins Spiel.
Herzog: Die Festspiele sitzen nicht am Steuer
Festspiel-Geschäftsführer Falk Herzog wies bei seiner Stellungnahme auf einen seiner Meinung nach entscheidenden Punkt hin: „Nicht wir sind für die Kostenexplosion verantwortlich. Wir sitzen auf der Rückbank, die Stadt Eutin sitzt am Steuer.“ Dennoch liege ein Entwurf für einen Pachtvertrag vor und die Festspiele seien bereit, jährlich 30 000 Euro zu zahlen. „Schon damit tun wir uns schwer, denn wir sind eine gemeinnützige Gesellschaft, da geht keiner mit Geld nach Hause.“ Das finanzielle Tuch sei eng genäht.
Festspiele haben finanzielle Zugeständnisse gemacht
„Ein Gutachten hat festgestellt, dass die Festspiele, was die öffentliche Förderung angeht, hoffnungslos unterfinanziert sind. Wenn Sie über eine Reduzierung sprechen wollen, haben wir ein Problem“, so Herzog. Zumal die Festspiele im Zuge der Tribünenplanung auch Belastungen von der Stadt ferngehalten hätten. „Wir haben für eine Million Euro Zugeständnisse gemacht. So tragen die Festspiele die Kosten für die Beleuchtung und für die Küche unter der Tribüne“, erläuterte er.
„Der Architekt konnte machen, was er wollte“
Bei allem Respekt vor dem Betrag seien die drei Millionen Euro im Vergleich mit der Summe, die an die örtliche Wirtschaft über die Festspiel-Gäste zurückfließt, gering. Herzog verbarg seinen Unmut über den gesamten Ablauf des Bauvorhabens nicht und sprach dann auch Klartext: „Wir hätten vieles nicht so durchgeführt, wie es gemacht wurde. Was im letzten Jahr abgelaufen ist, hat mich so sauer gemacht. Es ist tief frustrierend, mit der Stadt Eutin zu bauen. Der Architekt konnte machen, was er wollte“, klagte Herzog. Der Architekt habe die Tribüne zum Kunstobjekt gemacht, man habe immer wieder gegen nutzungsunfreundliche Ideen ankämpfen müssen. „Jetzt werden die Rüstkosten für die Technik teurer, und wir stehen vor der Frage, für die Saison immer wieder 2000 Sitze auf- und abzubauen.“
Hunderttausende Euro für unsinnige Maßnahmen
Und er übt weiter Kritik: Als Abgrenzung zum Schlossgarten habe der Architekt eine 200 000 Euro teure weiße Maurer geplant, die niemand brauche, die aber eine Einladung für Vandalismus sei. Außerdem sei der verlangte und umgesetzte Bau einer Baustraße für 300 000 Euro auf dem Gelände des alten Bauhofs völlig unnötig gewesen. „Es wäre Aufgabe der Politik gewesen, da einzugreifen.“
Alte Tribüne als Notlösung wäre Option gewesen
Er habe sich oft genug auch schriftlich dazu an die Verwaltung gewandt und beispielsweise vor anderthalb Jahren vorgeschlagen, eine andere Tribünen-Variante zu wählen. Er habe darüber hinaus davor gewarnt, die alte Tribüne zu früh abzureißen. „Als Notlösung hätte man das alte Ding noch für eine Million Euro sanieren können und hätte fünf bis sechs Jahre davon gut gehabt – und heute hätten wir eine Option auf dem Tisch.“ Nun aber sei das Projekt zu weit gediehen, um grundsätzlich über die Sache zu diskutieren. „Zeit und Fördermittel sitzen uns im Nacken“, so Herzog.
„Werde diesen Mann nicht im Regen stehen lassen.“
Für einen emotionalen Gänsehautmoment sorgte Klaus Kibbel am Ende der Debatte, als er sehr persönlich wurde. „Kaum jemand so viel für die Festspiele getan wie Falk Herzog. Er hat hier unheimlich viel Energie und auch Geld reingesteckt. Ich werde diesen Mann nicht im Regen stehen lassen.“ Kein Stadtvertreter tat dies, auch wenn angesichts der allgemeinen Kostensteigerung in der Baubranche das Ende der finanziellen Fahnenstange wohl noch nicht erreicht ist.
Volker Graap
Der Bauplatz der Freilichtbühne ruht im Winterschlaf. Aber bald wird weitergebaut. (Foto: Graap)