Wochenspiegel-Serie: Obdachlosigkeit in Lübeck – wir stellen Hilfsangebote vor. Diesmal das Sophie-Kunert-Haus für wohnungslose Frauen
Sie sind im Lübecker Straßenbild nicht zu erkennen, zu groß ist die Scham der Frauen ohne Wohnung. „Wir kennen viele Geschichten und Lebenssituationen von Betroffenen, die unverschuldet wohnungslos werden“, erzählt Aleksa Kiene von der Zentralen Beratungsstelle für Frauen der Vorwerker Diakonie. Ebenso ist sie für frauenspezifische Angebote im Sophie-Kunert-Haus in der Dr. Julius Leber-Straße 75 zuständig: Dort finden wohnungslose Frauen ab 18 Jahren eine sichere Notunterkunft und Unterstützung. „Keine Frau muss in ihrer Not schutzlos auf der Straße übernachten“, so die Abteilungsleiterin Soziale Hilfen. „Wir verfügen über 15 Plätze sowie einige Notplätze.“ Rund um die Uhr ist geöffnet. Die Zuweisung der Frauen erfolgt in der Regel über die Zentrale Beratungsstelle.
Frauen sind meist sehr bestrebt aus der Wohnungslosigkeit herauszukommen
„Klassisch ist es, dass wohnungslose Frauen erst einmal Unterschlupf im Freundeskreis suchen“, weiß Aleksa Kiene. Doch der soziale Absturz gehe oft sehr schnell. In der Regel seien die Frauen aber offen für Beratungs- und Therapieangebote. „Sie sind sehr bestrebt, an ihren Themen zu arbeiten und Wege zu finden, damit es wieder vorangeht.“ Dabei müsse die Notunterkunft keine Endstation sein. „Wir erarbeiten gemeinsam Möglichkeiten, damit die Schritte zurück in den normalen Alltag gelingen.“ Neben Sozialberatungen und therapeutische Möglichkeiten werde auch an der Alltagsstruktur gearbeitet. Doch es gebe auch Frauen, die sehr lange in der Notunterkunft wohnen, da sie keine Wohnung finden. „Es braucht viel Kraft, die Hoffnung nicht aufzugeben, um da wieder rauszukommen“, weiß die Sozialarbeiterin. Für Frauen mit psychischen Erkrankungen oder Gewalterfahrungen sei dies besonders schwer. „Für viele ist die Notunterkunft der letzte Ort, den es für sie gibt“, lautet die schwerwiegende Feststellung der Sozialarbeiterin.
Arbeit und Wohnung hängen zusammen
Selten stehen die Bewohnerinnen noch in einem Arbeitsverhältnis. „Ohne Wohnung keine Arbeit und ohne Arbeit keine Wohnung – das altbekannte Problem“, so Aleksa Kiene. Um bezahlbaren Wohnraum zu finden, steht die Vorwerker Diakonie im engen Kontakt mit den Lübecker Wohnungsgesellschaften. In angemieteten Übergangswohnungen trainieren die Betroffenen das Wohnen in Wohngemeinschaften zu zweit oder zu dritt, um später wieder eine Wohnung mieten und halten zu können. Der sich immer mehr zuspitzende Mangel an bezahlbarem Wohnraum macht jedoch sichtbar, wie schwer es für Wohnungs- und meist auch Arbeitslose ist, neben den vielen Mitbewerbern eine Wohnung zu erhalten. Auch, wenn sie Sozialleistungen beziehen und die Miete gesichert ist. „Die Frauen im Sophie-Kunert-Haus suchen händeringend eine bezahlbare Wohnung“, so Aleksa Kiene. Monika Poppe-Albrecht