Wochenspiegel-Redakteur Oliver Pries verzichtet eine Woche lang auf sein Auto und düst mit dem Fahrrad durch Lübeck. Der Umwelt zuliebe. Aber auch, um seine Nerven zu schonen. Ob das klappt?
Der Gegenwind macht mich heute Morgen wirklich fertig. Obwohl ich mich über das Wochenende ausruhen konnte, fühle ich mich irgendwie schlapp. Und dann noch dieser Wind! Natürlich beschwere ich mich lautstark darüber, als ich in der Redaktion bin – warum sollte ich mit meiner nachhaltigen und aktiven Lebensweise nicht auch mal punkten? Auch, wenn es ja zunächst nur ein Versuch ist. „Herzlichen Glückwunsch“, sagt meine Kollegin Clara. „Wenn Du dich über Gegenwind beschwerst, gehörst Du wirklich schon zu den eingefleischten Radfahrern. Jetzt brauchst Du nur noch diese Schnapp-Dinger für die Hosenbeine.“
Wann ist man ein echter Radfahrer?
Ich weiß, warum ich mir das antue. Sieben Tage ohne Auto macht frischer, hält fit, spart Geld. Vor allem aber schont es die Umwelt. „Warum steigst Du denn gerade im Winter aufs Rad um“, fragen mich viele. „Kannst Du damit nicht bis zum Frühjahr warten?“ (Anmerkung der Redaktion: Der Versuch fand Anfang Februar statt.) Diese Grundeinstellung, die wohl die meisten Menschen haben, ist in meinen Augen ein riesiges Problem. Umweltschutz: ja! Aber nur, wenn es schön bequem und gemütlich ist. Und wenn es mich persönlich am besten gar nicht betrifft. So kommen wir aber nicht weiter. Und schon gar nicht retten wir damit irgendwas. Jeder von uns sollte handeln. Jetzt!
Die Regenhose fürs Rad ist eher unpraktisch
Als ich am Abend vom Verlag in die Innenstadt fahren will, schüttet es. Das finde ich fies, denn es war für heute gar kein Regen angekündigt. Aber ich habe ja meine neue Regenhose dabei, die ich nun endlich einmal einweihen kann. Im Verlag gibt es glücklicherweise einen Umkleideraum. Das Überziehen der Regenhose in voller Montur ist schwierig, beim Kampf mit der Hose wird mir sehr schnell sehr warm. Zum Glück hört mich niemand fluchen. Als ich es endlich geschafft habe und nach draußen gehe, hat es aufgehört zu regnen. Reingelegt!
Jetzt sehe ich aus wie der Marschmallow-Man, aber das ist mir wurscht. Bei frischem, aber trockenem Wetter fahre ich in voller Montur in und durch die Innenstadt und gehe so sogar einkaufen und einen Kaffee trinken. Gleichmut ist die Tugend der Radfahrer. Oliver Pries
Teil 1 der Serie: Umstieg aufs Fahrrad
Teil 2 der Serie: Umstieg aufs Fahrrad: Fußgänger und Radwege sind gefährlich!
Teil 3 der Serie: Umstieg aufs Fahrrad: „Rot“ heißt „Rot“!
Teil 4 der Serie: Kraftlos durch den Nieselregen
Teil 5 der Serie: Radeln und einkaufen – geht das?