Wochenspiegel-Redakteur Oliver Pries verzichtet eine Woche lang auf sein Auto und düst mit dem Fahrrad durch Lübeck. Der Umwelt zuliebe. Aber auch, um seine Nerven zu schonen. Ob das klappt?
Wochenende. Die Radfahr-Herausforderung besteht nun nicht in erster Linie in Muskelkraft und Wetterbeständigkeit, sondern in Logistik. Denn ich muss einkaufen. Zum Glück wohne ich in einer Gegend, die über eine gute Einkaufs-Infrastruktur verfügt. Für andere Radfahrer, die abgelegener wohnen, gestaltet sich der Wocheneinkauf sicherlich wesentlich schwerer.
Tatsächlich mache ich mir zum ersten Mal seit Monaten wieder eine Einkaufsliste. Denn als Radler erscheint es mir wichtig, nur das einzukaufen, was ich wirklich brauche. Das nennt man dann wohl doppelte Nachhaltigkeit. Mit zwei Gepäckträgertaschen mache ich mich auf den Weg. Zwei Geschäfte, eine Drogerie, ein Supermarkt, stehen auf meiner Einkaufstour. Das Einkaufen an sich gestaltet sich problemlos – obwohl ich mich frage, ob ich mich mit zwei Umhängetaschen im Geschäft nicht irgendwie verdächtig mache. Das muss mir als Umsteiger aber auch egal sein.
Wer mit dem Rad fährt, kauft bewusster ein
Die auf der Hand liegenden Vorteile: Ich muss auf dem Supermarkt-Parkplatz keine freie Lücke suchen, über die Parkschein-Abzocke, die bei vielen Verbrauchermärkten schon Usus ist, muss ich mir heute keine Gedanken machen. Der Einkauf verläuft bewusst, das Verstauen der Einkäufe klappt schnell und problemlos. Allerdings ist das Radfahren mit zwei vollgepackten Taschen am Gepäckträger ein ganz anderes. Auf der Ecke fahren an diesem Samstagmittag irre viele Autos umher, und mein Rad reagiert sehr viel schwerfälliger. Das ist auch so ein Fakt, den ich mir als Autofahrer wirklich merken sollte: Künftig werde ich auf Radfahrer mit Gepäck noch mehr acht geben.
Passen Eitelkeit und Radfahren zusammen?
Am Sonntag steht ein Kaffeetrinken in der Innenstadt auf dem Programm. Das Wetter ist schon wieder bedrückend, häufig fängt es an zu regnen. Wenn man sich mit anderen Leuten trifft, will man natürlich nicht wie ein begossener Pudel aussehen. Eitelkeit ist wohl auch so eine Sache, die man als Radler ablegen sollte. Aber auch heute ist das Glück auf meiner Seite: Ich komme trocken an und habe einen schönen Nachmittag.
Morgen geht’s wieder auf die Piste zum Verlag. Oliver Pries
Teil 1 der Serie: Umstieg aufs Fahrrad
Teil 2 der Serie: Umstieg aufs Fahrrad: Fußgänger und Radwege sind gefährlich!
Teil 3 der Serie: Umstieg aufs Fahrrad: „Rot“ heißt „Rot“!
Teil 4 der Serie: Kraftlos durch den Nieselregen
Hallo Frau Bender!
Schön, dass Sie die Serie aufmerksam lesen! Bleiben Sie beim Fahrrad – und kommen Sie bitte überall gesund und munter an!
Viele Grüße!
Oliver Pries
Wochenspiegel
Hallo Herr Pries, mit großem Interesse verfolge ich Ihren Beitrag zum Klimaschutz. Ihre Idee aufs Fahrrad umzusteigen ist vorbildlich und wirklich lobenswert.
Ich persönlich lebe seit 6 Jahren an Lübecks Altstadtrand und bin Radfahrerin. Privatleben, Einkauf, Arbeitsweg – es funktioniert hervorragend.
Mein Auto habe ich im Dez. 2019 meinem Sohn überlassen, der sichtlich erfreut ist, jetzt Rad- und Autofahrer sein zu dürfen.
Es grüßt Sie recht herzlich,
Elisabeth Bender