Wussten Sie, dass der in Eutin so beliebte Herzog Peter Friedrich Ludwig ein Cousin von Katharina der Großen war? Und dass Katharinas Sohn, Zar Paul I. von Russland, und Herzog Peter Friedrich Ludwig mit Schwestern verheiratet waren? Dass sich aus dieser familiären Beziehung eine echte Freundschaft entwickelte, dokumentiert die neue Sonderausstellung „Die vier Unvergesslichen“, die bis zum 11. Juli im Schloss Eutin zu sehen ist.
Ausstellung zeigt Porträts, Briefe und Zeichnungen
In fünf Räumen spürt die Ausstellung anhand von Porträts, Briefen und Zeichnungen diesem intensivem Verhältnis nach. Die Exponate erlauben es den Betrachtern, den Protagonisten aus sehr persönlichen Perspektiven zu begegnen. Zunächst wird der Stammbaum der Herzöge von Holstein-Gottorf beleuchtet. Die dynastische Verbindung zu Russland wurde bereits 1725 begründet, damals entstand die Linie Romanow-Holstein-Gottorf.
Katharina die Große nahm Herzog unter ihre Fittiche
Und in Eutin lernte Zar Peter III. später seine Gemahlin Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst, eine Enkelin des Eutiner Fürstbischofs, kennen. Sie ging als Katharina II. die Große in die Geschichtsbücher ein. Die Zarin war eng verbunden mit ihrem 26 Jahre jüngeren Cousin Peter Friedrich Ludwig. Dieser war früh zum Vollwaisen geworden, Katharina veranlasste seine Erziehung und Ausbildung.
Das Quartett verband auch das Kunst- und Kulturinteresse
Die familiären Bande blieben eng: Katharinas Sohn Paul I. und Peter Friedrich Ludwig heiraten Schwestern: Sophie von Württemberg heißt nach der Hochzeit mit dem Zaren Maria Fjodorowna, Friederike von Württemberg wird Gemahlin des Herzogs von Oldenburg. „Das Quartett war also familiär, dynastisch und politisch miteinander verbunden – aber auch durch ihr Interesse an Kunst- und Kulturdiskursen. Gemeinsame Reisen und Begegnungen festigten diese enge Freundschaft“, erläutert Brigitta Herrmann, geschäftsführender Vorstand der Stiftung Schloss Eutin.
Begegnung mit dem berühmten Physiognomen Lavater
So kam es im September 1782 in Zürich zu einer denkwürdigen Begegnung: Die beiden Ehepaare trafen auf den berühmten Physiognomen Johann Caspar Lavater. Dieser war der Hauptvertreter einer damals populären Wissenschaft, nach der von äußeren Merkmalen – insbesondere des Gesichts – auf die Charaktereigenschaften eines Menschen geschlossen wurde. Über Peter Friedrich Ludwig schrieb Lavater zum Beispiel treffend: „Er war in seinem ganzen Äußerlichen so einfach, natürlich und unfürstlich wie möglich. Er ist die persönliche Vernunft, die ernste Tugend selbst.“
Das illustre Gespann hatte große Ausstrahlung
Maria Fjodorowna blieb lange mit Lavater in Briefkontakt. 1789 kaufte sie ihm einen Teil seiner physiognomischen Bildersammlung ab. Die meist kolorierten Zeichnungen und Kupferstiche, die mit handschriftlichen Deutungen Lavaters versehen sind, galten lange als verschollen. Der Initiator der Ausstellung und frühere Direktor der Hamburger Kunsthalle, Professor Dr. Hubertus Gaßner, hat die sogenannten „Petersburger Physiognomie“ jedoch ausfindig gemacht und sie in dieser Ausstellung, die das Schloss im Wesentlichen vom Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Oldenburg übernommen hat, erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Lavater war es übrigens auch, der den Begriff der „vier Unvergesslichen“ geprägt hat – tief beeindruckt von der gemeinsamen Ausstrahlung des illustren Gespanns.
52 Jahre währender Briefkontakt der adeligen Witwer
Nach dem frühen Tod ihrer Ehepartner blieb Peter Friedrich Ludwig über einen Zeitraum von 52 Jahren in engem Kontakt mit seiner Schwägerin Maria. „Der Briefwechsel beginnt 1776 und endet erst mit Marias Tod 1828“, berichtet Kuratorin Miriam Schwarz. „Beiden gemein war die Leidenschaft für die Gestaltung ihrer Gärten, Maria in Pawlowsk, Peter in Eutin, Oldenburg und Rastede. Sie haben sich getrocknete Blüten und Saatgut geschickt und sich gegenseitig beeinflusst.“ Geöffnet ist die Sonderausstellung dienstags bis sonntags jeweils von 11 bis 17 Uhr. Ein aktuelles Video sowie Infos über Führungen sind online auf www.schloss-eutin.de zu finden.
Volker Graap
Miriam Schwarz (links) und Brigitta Herrmann sind stolz auf die informative Sonderausstellung. Und ein Blick in die originale „Petersburger Physiognomie“. (Fotos: Graap)