Frauenhaus in Lübeck: Mehr Bedarf durch Corona

Autonomes Frauenhaus Lübeck

Sie hat lange gewartet und die Gewaltsituation länger ausgehalten als eigentlich ertragbar. Die 40-jährige Ostholsteinerin lebt seit Anfang Januar im Autonomen Frauenhaus in Lübeck. „Ich hatte lange Zeit große Angst vor einer Ansteckung dort mit Corona“, sagt sie. Als die Situation sich zuhause noch mehr zuspitzt, fasst die Mutter von fünf Kindern ihren Mut zusammen und ruft im Autonomen Frauenhaus an.

Seit Corona besteht mit Bedarf an Frauenhaus-Plätzen

„Ich wusste nicht, ob das Haus überhaupt offen ist. Doch wir hatten Glück und wurden bald aufgenommen“, schildert die Betroffene.
Etwa 180 Frauen sterben bundesweit in jedem Jahr durch häusliche Gewalt. So lautet die traurige Bilanz. „Daher war der Bedarf von Plätzen in Frauenhäusern bereits vor der Pandemie hoch“, bestätigt Anke Kock vom Autonomen Frauenhaus. „Mit Corona ist der Bedarf an Plätzen stetig gestiegen“, fasst sie die seit einem Jahr anhaltende Situation zusammen.

Zahl der Frauen im Lübecker Frauenhaus steigt seit dem Sommer

Wie die Forschung belegt, haben Gewaltprobleme unter den Pandemiebedingungen weiter zugenommen. Es wird mehr geprügelt. Das trifft oft auf Familien in beengten Wohnverhältnissen zu. Mit Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit und finanziellen Problemen konfrontiert, häufen sich Übergriffe auf Frauen und Kinder. „Eltern stehen derzeit vor riesigen Herausforderungen. Kinderbetreuung und Homeschooling führen zu weiterer Überforderung. Eine Insel des Ausgleichs fehlt oft“, weiß Anke Kock. „Kamen im März bis Juni 2020 weniger von Gewalt bedrohte Frauen, weil sie Angst vor Ansteckungen hatten, stieg die Zahl seit Sommer 2020 mehr und mehr an. Wir mussten 30 Prozent der Frauen abweisen in dem Bemühen, sie an andere Stellen zu vermitteln“, bedauert Anke Kock. Ein schwieriges Unterfangen, da alle Frauenhäuser in Schleswig-Holstein eine höhere Auslastung aufweisen.

Auch im Frauenhaus gelten Corona-Regeln

Auch im Lübecker Awo-Frauenhaus suchen Frauen vermehrt Schutz und Sicherheit. Das Haus war auch vor der Pandemie bereits ausgelastet. „Mit zunehmenden Abweisungen wird man den Frauen in Not nicht gerecht“, unterstreicht Bärbel Cornelissen die anhaltende Situation. Streng nach Hygienekonzept wurde die Zimmerbelegung im Autonomen Frauenhaus im Frühjahr 2020 entzerrt, so dass statt zwei nur noch eine Mutter mit ihren Kindern in einem Raum untergebracht werden konnte. Obendrein war es möglich, in einem Nachbarhaus zwei Wohnungen anzumieten. Das schaffte weiteren notwendigen Raum.

Hilfe gibt es über die Notfallnummern

Die Ostholsteiner Mutter hat sich seit Januar stabilisiert und blickt gestärkt in die Zukunft. Trotz der Einschränkungen im Autonomen Frauenhaus bereut sie ihre Entscheidung nicht und sucht für sich und ihre Kinder jetzt eine Wohnung mit vier Zimmern. Von Gewalt bedrohten Frauen macht sie Mut, sich über die veröffentlichten Notfallnummern Hilfe zu holen. Monika Poppe-Albrecht

Lübecker Notfallnummern: Frauennotruf: 0451/70 46 40 Autonomes Frauenhaus: 0451/ 6?11?22?35
Awo-Frauenhaus: 0451/70 51 85

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