Hochqualifiziertes Personal für den Baubereich zu gewinnen, ist heutzutage eine schwierige Aufgabe. Diese Erfahrung musste auch die Stadt Eutin machen. Zwei Ausschreibungen für die Stelle der Bauamtsleitung blieben erfolglos. Bewerbungen waren spärlich, der „Prinz auf dem weißen Pferd“ war nicht unter den Kandidaten.
Interne Bewerberin findet keine Mehrheit im Hauptausschuss
Bei der dritten Ausschreibung hatte nun auch Susanne Stange, langjährige Fachdienstleiterin für Stadt- und Gemeindeplanung im Eutiner Bauamt, eine Bewerbung abgegeben. Dieser von Bürgermeister Carsten Behnk unterstützte Personalvorschlag fiel dann aber im Hauptausschuss ganz knapp durch. Was sagen die Fraktionen zum Scheitern dieser Personalie – und wie lange kann oder darf die Stelle noch vakant bleiben? Der Wochenspiegel hat nachgefragt.
Grüne sprechen von einer nicht zu verantwortenden Situation
Die Grünen-Fraktionschefin Monika Obieray meint, dass die knappe Mehrheit der Fraktionen im Hauptausschuss eine extrem unglückliche und nicht zu verantwortende Situation herbeigeführt habe. „Eine von ausnahmslos allen Fraktionen als hoch kompetent anerkannte Frau ist abgelehnt worden, offenbar weil sie eine Frau ist. Die Folge wird eine extreme Demotivation im Bauamt sein, welches seit dem Weggang des letzten Bauamtsleiters engagiert und weit über das normale Maß hinaus gearbeitet hat“, sagt Obieray. Durch das Verschulden dieser knappen Mehrheit werde diese schlechte Lage auf unbestimmte Zeit verlängert, und das angesichts der zahlreichen Projekte der Stadt. „Hinzu kommt, dass man kaum erwarten kann, auf eine vierte Ausschreibung noch gute Bewerbungen zu bekommen. Außerdem kann man schon mal sicher sein, dass weibliche Bewerbungen ausbleiben werden. Ist es das, was gewollt war?“, fragt Obieray. Aus grüner Sicht hätte die Stelle sofort und mit Susanne Stange besetzt werden müssen.
FDP hält Ablehnung für nicht nachvollziehbar
Auch bei der FDP herrscht völliges Unverständnis für die knappe Entscheidung im Hauptausschuss. „Frau Stange hat über mehrere Jahre Mehrbelastungen auf sich genommen und sich selbst dann mutig zur Wahl gestellt, um dem Leitungs-Vakuum ein Ende zu bereiten. Sie hat alle fachlichen Qualitäten für dieses Amt und ist ortsintern und darüber hinaus bestens vernetzt“, so der FDP-Fraktionsvorsitzende Jens-Uwe Dankert. Die Argumente anderer Fraktionen zur Ablehnung der Bewerberin seien deshalb für der FDP nicht nachvollziehbar. Dankert meint, schon beim ,Casting‘ hätte man Vorbehalte ansprechen können. „Es ist zu befürchten, dass die Stadt angesichts bedeutender Bauvorhaben erneut wieder lange Zeit ohne Bauamtsleitung auskommen muss. Politik und Verwaltung sind gefragt und ein Umdenken erforderlich.“
Freie Wähler: „Was muss ein Bewerber denn noch alles mitbringen?“
Olaf Bentke, Chef der Fraktion „Freie Wähler Eutin“, bedauert sehr, dass die Stelle der Bauamtsleitung nicht besetzt wurde, „zumal eine fachlich sehr kompetente Person sich dafür beworben hatte“. Er betont: „Wir stellen uns schon die Frage, was eine Bewerberin oder ein Bewerber noch mitbringen muss, damit diese oder dieser auch die Zustimmung der anderen Fraktionen findet.“ Er erwarte, dass die Fraktionen, die die Bewerbung abgelehnt haben, dann auch mal die Voraussetzungen benennen, die Bewerber noch mitbringen müssten. „Bei den vielen Projekten, die in Eutin anstehen – wie etwa der Neubau zweier Schulen, Feuerwehr, Schlossterrassen – ist eine Besetzung der Bauamtsleitung zwingend notwendig“, so Bentke.
CDU will Fachdienstleitungen nicht schwächen
Die CDU hatte den Personalvorschlag abgelehnt. Fraktionschef Matthias Rachfahl führt dazu aus: „Die drei Fachdienstleitungen sind mit sehr kompetentem Fachpersonal besetzt. Die Stelle und die Besetzung der Bauamtsleitung kann aus unserer Sicht nicht isoliert gesehen werden von den drei angeschlossenen Fachdienstleitungen. Vorrangig ist es wichtig, dass gerade jetzt im Zuge der bereits laufenden, aber auch noch anstehenden Bauprojekte die Fachdienstleitungen mit hochkompetentem und erfahrenem Personal besetzt sind. Hier findet die so notwendige Hauptarbeit statt.“ Aus Sicht der CDU würden die drei Fachdienstleitungen die aktuellen Herausforderungen sehr gut meistern. Rachfahl: „Das Anforderungsprofil und das weitere Vorgehen hinsichtlich der Vakanz der Amtsleitung muss nochmals mit dem Bürgermeister erörtert werden.“
Kein Kommentar von der Wählergemeinschaft
Wenig konkret will auch die Freie Wählergemeinschaft Eutin werden. „Zu unserer Ablehnung möchten wir öffentlich nichts sagen“, so der Fraktionsvorsitzende Malte Tech. Von der Haltung der FWE sei der Bürgermeister im Vorfeld der Hauptausschusssitzung informiert gewesen.
SPD hofft auf eine Bewerbung von außerhalb
Dass es sich bei der Diskussion um eine sensible Geschichte handelt, beweist die Reaktion der SPD, die sich offenbar mehrheitlich gegen die Bewerbung von Susanne Stange ausgesprochen hat. „Unsere Entscheidung hat keinesfalls mit der fachlichen oder menschlichen Qualifikation von Frau Stange zu tun. Die SPD ist dankbar für ihren besonderen Einsatz. Vielmehr hat der Charme einer Neubesetzung mit einem externen Bewerber eine dominierende Rolle gespielt“, sagt der Ortsvereinsvorsitzende Christoph Gehl. „Durch die weiterhin ausstehende Neubesetzung fehlen wichtige Impulse für die Entwicklung der Mitarbeitenden und auch für die verschiedenen Bauprojekte. Eine möglichst baldige Besetzung kann auch ein neues ,Know-how’ zur Bewältigung der außerordentlich vielseitigen und umfangreichen Aufgaben mit sich bringen.“
Das Bauamt Eutin in der Lübecker Straße 17 ist noch immer auf der Suche nach einer neuen Leitung. Kommt jetzt die vierte Stellenausschreibung? (Foto: Graap)