Als die überraschende Mitteilung aus Kiel kam, dass Bauschutt vom ausgedienten Atomkraftwerk (AKW) Brunsbüttel auf eine Deponie nach Johannistal bei Oldenburg soll, hat die SPD-Kreistagsfraktion mit kleiner Besetzung das Gespräch mit dem Betreiber der privat geführten Müllhalde gesucht und sich vor Ort informiert. Das Fazit ist eindeutig: „Aufklärung vor Ort ist dringend erforderlich“, so Fraktionschef Burkhard Klinke.
Abfälle kommen per Zuweisung zur Deponierung nach Johannistal
Der Deponie-Geschäftsführer Axel Guttmann und Betriebsleiter Rolf Bebensee führte die SPD-Delegation über das Gelände. Die Deponie besteht seit über 35 Jahren, passt sich voll in das Landschaftsbild ein und wird von allen im Umfeld von Bürgern, Touristen und Politik akzeptiert. Da es bei den Deponiebetreibern keine freiwillige Lösung gab, hat der Umweltminister Jan Philipp Albrecht eine Entsorgung der beim Rückbau des Kraftwerkes anfallenden Abfälle per Zuweisung vorgesehen und die AVG Johannistal GmbH – vorerst im Entwurf – angeordnet, die Deponierung vorzunehmen. Guttmann wurde von dieser Entscheidung genauso überrascht wie alle vor Ort. Durch den Rückbau des AKW fallen circa 50000 Tonnen frei-gemessener, also nicht-radioaktiver Bauschutt an. Davon sollen in einem ersten Verfahren bis zu 7000 Tonnen Bauschutt – wie Mineralwolle, Isolierungen, Ziegel, Fliesen, Keramik und Bodenaushub – der Ostholsteiner Deponie zugewiesen werden.
Deponiebetreiber wollen Rechtsmittel einlegen
„Wenn diese Abfälle überhaupt nicht gesundheitsgefährdend sind, wie Minister Albrecht überall erzählt, stellt sich berechtigterweise die Frage: Warum muss der freigemessene AKW Bauschutt auf einer Deponie gelagert werden?“, fragt Klinke. Bei dem Gespräch mit den Deponiebetreibern wurde deutlich, dass es Widerstand gegen die Deponierung des Bauschutts geben wird. „Guttmann hat angekündigt die möglichen Rechtsmittel einzulegen, um die Anlieferung von Bauschutt aus dem Atomkraftwerk zu verhindern“, so Klinke. Auch die Gemeindevertretung Gremersdorf hat sich gegen die Deponierung von AKW-Bauschutt ausgesprochen.
„Minister muss erklären, warum vom Bauschutt keine Gefahr ausgeht“
„Nach dem sehr informativen Gespräch wurde klar, dass die Kommunikation mit den Betroffenen vor Ort ungenügend war und alle vor vollendete Tatsachen gestellt worden sind. Denn die Wörter ,Atom und Strahlung‘ lösen bei der Bevölkerung immer sofort Ängste aus. Der Minister hat es leider nicht erreicht, die Debatte der freigemessenen Abfälle aus dem AKW transparent zu führen. Dringend erforderlich ist es, den Menschen vor Ort verständlich zu erklären, dass von dem Bauschutt aus den Atomkraftwerken keine Gefahr ausgeht“, sagt Klinke.
Zoom-Videokonferenz mit Albrecht – Bürger können Fragen stellen
Die SPD hat nun eine Veranstaltung zum Thema Deponierung in Johannistal mit Minister Albrecht organisiert: Am Dienstag, 23. Februar, um 18 Uhr informiert der Umweltminister per Zoom-Konferenz alle interessierten Bürger über Hintergründe der Zuweisung des freigemessenen Bauschutts. Bürger können schon im Vorfeld Fragen per Mail stellen. Zur Teilnahme an der Zoom-Konferenz kann man sich via E-Mail an spd.fraktion-oh@gmx.de anmelden. Klinke: „Wir wollen erreichen, dass die Menschen vor Ort mitgenommen werden und dass es zu einem Dialog mit der Bevölkerung kommt.“
Grüne im Kreis wollen nicht unsolidarisch sein
Der Fraktionschef der Grünen im Kreistag und Vorsitzende des Ausschusses für Natur, Umwelt, Bau und Verkehr des Kreises Ostholstein, Jens Johannsen, vertritt die Auffassung, dass der Atomstrom für alle Menschen produziert wurde und nicht nur für die Menschen, die in der Nähe des Atomkraftwerks gelebt haben. „Auch wenn in diesen Regionen erhöhte Steuereinnahmen über den Atomstrom angefallen sind, ist es sicher mehr als unsolidarisch, wenn jetzt auch ausschließlich in diesen Regionen, ungeachtet der vorhandenen Entsorgungskapazitäten, der freigemessene Bauschutt entsorgt werden soll. Jahrelang haben die Menschen die Ängste vor eventuellen Vorfällen im AKW und einer eventuellen erhöhten Strahlenbelastung allein aushalten müssen. Dieses wird immer wieder gerne vergessen.“ Außerdem weisen die Grünen auf ein Statement von Minister Albrecht hin: Dieser betont, dass die Bürgermeister und Betreiber nicht nur vorab informiert, sondern seit 2016 immer wieder Gespräche mit ihnen und auch örtlichen Gemeindevertretern geführt wurden.
Auch in der Hansestadt Lübeck regt sich Widerstand gegen dem Atomschutt. Auf der dortigen Deponie Niemark sollen Tonnen des Materials gelagert werden. Eine Initiative kämpft in Lübeck gegen die Zwangszuweisung des Bauschutts. Pressemitteilung
Kürzlich sprachen eine Handvoll Vertreter der SPD-Kreistagsfraktion mit den Betreibern der Ostholsteiner Mülldeponie Johannistal bei Oldenburg. (Foto: hfr)