Erste Ausstellung der Lübecker Völkerkundesammlung unter neuer Leitung

Perspektivwechsel zwischen Nord und Süd

Wie erfreulich, dass die Bezeichnungen „Anorak“ und „Parka“ es aus der Sprache der Inuit zu uns in den Süden geschafft haben. Lübeck im Süden? Eine Weltkarte aus der Sicht vom Polarkreis auf Norddeutschland ist Teil der ersten Ausstellung der Lübecker Völkerkundesammlung im St. Annen-Museum unter neuer leitung. Unter dem Titel „Nordwärts/Südwärts“ geht es um eine einen Perspektivwechsel beim Blick auf Skandinavien, Grönland, Sibirien, Kanada und Alaska – und damit auch auf Lübeck. Bis zum 3. Januar 2021 sind einige der ältesten und teilweise noch nie gezeigten Exponate der Lübecker Museen zu sehen, die eine ganz neue Auseinandersetzung ermöglichen.

„Wir wollen mit dieser Ausstellung einmal den Blick umkehren“

Das bestätigt Lars Frühsorge, neuer Leiter der Lübecker Völkerkundesammlung im St. Annen-Museum. Mit dem Walfang wird sogleich ein spannendes Thema vorgestellt. Denn es ist nur wenig bekannt, dass auch Lübeck ab dem 17. Jahrhundert an abenteuerlich als „Grönlandfahrt“ bezeichneten Fahrten mit großen Schiffen in zweistelliger Anzahl beteiligt war. Die groß angelegte Jagd auf Meeressäuger wird heute als schwerer Eingriff in die Lebensweise der Inuit betrachtet. Ständig haben die Inuit sich an verändernde Gegebenheiten anpassen müssen, sagt Frühsorge. Nicht verwunderlich ist es daher, dass auch die Auseinandersetzung mit der sibirischen Gasförderung in der Ausstellung Raum findet.

Was verband die Menschen vom Polarkreis mit Lübeck?

Ein isländisches Trinkhorn stammt aus dem 16. Jahrhundert und bezeugt die mittelalterlichen Wirtschaftsbeziehungen, die Lübeck schon früh mit dem Norden unterhielt. Als ein weiteres Beispiel nordischer Beziehungen ist ein „Julbock“, das von der schwedischen Seemannskirche in Lübeck stammt. Die spätere tragische Geschichte des Gebäudes in der Hafenstraße, das später als Asylbewerberheim diente, wird in der Ausstellung noch einmal deutlich.

Eine Schamanentrommel der Sami aus Finnland weist alte, verblasste Zeichen auf. Mit Hilfe von Digitaltechnik konnten diese wieder sichtbar gemacht und als die ersten Vermischungen des alten Glaubens und des Christentums erkannt werden. Gab es bei der Missionierung auch eine Verbindung zu Lübeck? Das bestätigt Lars Frühsorge: „Bereits 1838 gründete sich in Lübeck der ‚Verein zur Beförderung der Mission unter den Heiden‘“, weiß er. Angesehen Lübecker Familien haben dem Verein angehört. mpa

Von September bis Dezember gibt es vier Kuratorenführungen sowie begleitende Veranstaltungen mit weiteren interessante Aspekten. Auch ein umfassender Katalog zur Ausstellung ist erschienen. Weitere Info unter www.st-annen-museum.de.

Das Leben am Polarkreis: Lars Frühsorge präsentiert Wissenswertes aus den Nordländern in Verbindung mit Lübeck. Foto: M. Poppe

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