Es ist eine Diskussion mit Zündstoff: Eigentlich ist die Erhöhung der Parkgebühren in Eutin bereits beschlossene Sache, nur das konkrete Parkraumbewirtschaftungskonzept sollte noch erarbeitet werden. Doch ist angesichts der Corona-Krise, die auch den stationären Einzelhandel in die Krise gestürzt hat, das Drehen an der Gebührenschraube jetzt das richtige Signal? Dazu gab es am Dienstag im Hauptausschuss ganz unterschiedliche Meinungen.
Neues Konzept soll zusätzlich 500000 Euro in die Kasse spülen
Auf der Sitzung stellte die Stadtverwaltung nun erstmals ihr Konzept für die Neuordnung der Parkgebühren vor. Fachbereichsleiter Martin Klehs betonte, das Papier beruhe auf der Grundlage, dass man von der Politik den Auftrag erhalten habe, 500?000 Euro zusätzlich zu erwirtschaften. Einerseits sollen die Mehreinnahmen der Kompensation der abgeschafften Straßenausbaubeiträge dienen, andererseits habe das Gemeindeprüfungsamt eine striktere Parkgebührenverordnung angemahnt, da ansonsten die Fehlbetragszuweisung vom Land gekürzt werden könnte.
Künftig fallen 705 statt 458 Parkplätze in die Gebührenpflicht
„Uns war wichtig, ein einfaches System zu wählen. Unser Konzept sieht zwei Zonen vor: eine mit gebührenpflichtigen Parkplätzen und eine mit Parkscheibenregelung“, so Klehs. Die „rote Zone“ umfasst die Innenstadt in einem Umkreis von 400 Metern um den Marktplatz. Hier gilt eine Parkgebühr von 50 Cent pro halber Stunde und eine Höchstparkdauer von drei Stunden. Für die ersten 15 Minuten kann man weiterhin mit der „Brötchentaste“ einen kostenlosen Parkschein ziehen. Dies bedeutet im Vergleich zur aktuellen Situation nur eine minimale Gebührenerhöhung in der ersten Stunde. Die Mehreinnahmen werden allerdings dadurch generiert, dass der Zeitraum für das kostenpflichtige Parken auf 8 bis 16 Uhr erweitert sowie zusätzliche Parkflächen künftig gebührenpflichtig werden. Die Ausweitung betrifft die Albert-Mahlstedt-Straße, Bahnhofstraße, den Jungfernstieg, Parkplatz am Schloss sowie einen Teil der Plöner Straße. Insgesamt fallen 705 Parkplätze in die Gebührenpflicht – bisher waren es 458. Auf 46 weiteren Parkplätzen in der „roten Zone“ kann für eine halbe Stunde mit Parkscheibe geparkt werden für den schnellen Einkauf, etwa bei der Post.
Parkplätze in der „grünen Zone“ sind gebührenfrei
Die „grüne Zone“ umfasst einen Radius von 400 bis 800 Metern um den Marktplatz. Hier gilt das Parken mit Parkscheibe zwischen 8 und 16 Uhr und eine Höchstparkdauer von drei Stunden auf 81 Stellplätzen. Auf 425 weiteren kann ohne Beschränkung geparkt werden. Besondere Regelungen für das Parken von Anwohnern in der Innenstadt sind noch nicht in dem Konzept enthalten – die Verwaltung sieht ein Bewohnerparken aber „sehr kritisch“.
„Wegen der Corona-Krise ist Gebührenerhöhung dieses Jahr falsches Thema“
Die Reaktion der Ausschussmitglieder auf das Konzept fielen sehr unterschiedlich aus. Monika Obieray (Grüne) sprach von einer grandiosen Idee: „Ich bin erstaunt, mit welch geringen Mitteln so viel erreicht wird. Jede Busfahrt ist teurer.“ Auch die CDU würde dem Konzept zustimmen: „Wir sehen, dass es nur zu marginalen Änderungen kommt“, meinte Malte Kuhr. Dagegen betonte FDP-Vertreter Marius Winkler: „Angesichts der Corona-Krise ist eine Gebührenerhöhung dieses Jahr das falsche Thema. Wir wollen doch nicht, dass die Innenstadt leer bleibt.“ Und Heinz Lange von der FWE sagte, wer das Parken teurer mache, mache Eutin nicht attraktiver. Günstige, zentrumsnahe Parkplätze seien gerade für altere Bürger ungeheuer wichtig. Der Ausschussvorsitzende Matthias Rachfahl (CDU) kündigte an, dass der Konzeptentwurf mit der Kaufmannschaft und anderen Adressaten diskutiert werde. „Wir werden jetzt mit der Wirtschaftsvereinigung Eutin die Meinungen austauschen und dann – wann auch immer – den nächsten Schritt gehen“, so Rachfahl. Ursprünglich war eine Umsetzung bis zum 1.?Juli 2020 geplant.
Wirtschaftsvereinigung zeigt sich kompromissbereit
Der Vorstand der Wirtschaftsvereinigung Eutin (WVE) lädt Politik und Verwaltung am 25. Mai zu einem Austausch über die corona-bedingt angespannte Wirtschaftslage ein. Schwer im Magen liegt den Kaufleuten die bevorstehende Erho?hung der Parkgebu?hren. „Viele Unternehmen haben große Existenzsorgen und benötigen Unterstützung, um ihre Liquiditätsengpässe und Verluste zu überwinden“, betont Vorstandschef Hans-Wilhelm Hagen. Er mahnt, dass Kunden auf Parkgebu?hren-Er- ho?hungen sehr sensibel reagieren. In der Lockdown-Phase habe die WVE mit erheblichen Finanzmitteln Lo?sungen wie die Online-Plattform „Eutin hilft!“ und das Gutscheinkonzept zusammen mit der Eutin GmbH umgesetzt – als Angebot fu?r die Bevo?lkerung, ihre Einka?ufe weiterhin vor Ort bei den Einzel- und Fachha?ndlern zu erledigen. Diese gelungene Kampagne sieht die Kaufmannschaft durch die Gebührendiskussion jetzt offenbar gefährdet.
WVE-Vorstand ist an einer einvernehmlichen Lo?sung interessiert
Ohnehin hält die WVE das diskutierte Konzept für verfehlt. Denn den Wegfall der Straßenausbaubeiträge aus den Mehreinnahmen bei den Parkgebühren zu finanzieren, lehnt die WVE entschieden ab. „Eine Erhöhung der Grundsteuer erscheint uns wesentlich gerechter, dies würde alle Bürger gleichermaßen treffen“, meint Hagen, betont aber gleichzeitig, dass der Vorstand an einer einvernehmlichen Lo?sung interessiert sei. „Der Vorstand kann die Neuordnung der Parkgebu?hren in dieser Krisenzeit nur mittragen, wenn die entstehenden Mehreinnahmen in Marketingmaßnahmen zur Belebung der Wirtschaft zuru?ckgeleitet werden. Die WVE wäre bei einer derartigen Regelung bereit, ihren Betrieben vorzuschlagen, den Kunden beim Einkauf einen Teil der Parkgebu?hr zu erstatten. Das wäre ein solidarisches Konzept, das bei Kunden und Unternehmern Zustimmung finden wu?rde.“ Die WVE wünscht sich die Unterstu?tzung des Stadtmarketings, um Kunden und Besucher auch von außerhalb für das Einkaufen in Eutin zu begeistern und damit die Umsatztätigkeit vor Ort wieder zu beleben. vg
Der bisher gebührenfreie Parkplatz am Schloss soll künftig kostenpflichtig werden. (Foto: Graap)