DGB lud zur Konferenz in die Media Docks ein
„Es sind katastrophale Verhältnisse“, beschreibt Eileen Munro vom Mieterverein Lübeck die Situation für Mieter in Lübeck, die eine Mietwohnung im niedrigen Preissegment suchen. Eheleute, die sich trennen wollen oder Familiengründern fehle ausreichend bezahlbarer Wohnraum. Senioren fürchten, ihre Mietwohnungen nicht mehr halten zu können. „Wer eine Wohnung sucht und einen Schufa-Eintrag hat, findet gar keine Wohnung“, sagt die Ehrenamtlerin. Zu Gast bei der Podiumsdiskussion des DGB Nord in Lübeck fragt sie: „Was soll ich diesen Mietern denn sagen?“
Bundesweit startete der DGB seinen Zukunfsdialog, um die brisanten Themen der Zeit zu bewegen. Bei der Podiumsdiskussion in den Media Docks ging es um Antworten darauf, wie wir in Lübeck leben wollen und wie mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden kann. Zuvor gab es DGB-Aktionen in der Altstadt, um mit Mietern ins Gespräch zu kommen. „Studenten bleiben bei den Eltern wohnen, Arbeitnehmer nehmen lange Fahrtzeiten zur Arbeit in Kauf“, unterstrich Uwe Polkaehn, Vorsitzender des DGB-Nord. „Bezahlbares Wohnen ist eine zentrale Frage in Lübeck wie in Schleswig-Holstein und ganz Deutschland“, lud er in die Diskussionsrunde ein.
Die Städte werden attraktiver, die Wohnungen fehlen
„Man muss immer mehr tun, als man glaubt, dass es ausreicht“, antwortet Sven Schindler, Senator für Wirtschaft und Soziales, auf die Frage, ob Lübeck genug für bezahlbaren Wohnraum unternehme. Die Prognose einer abnehmenden Einwohnerzahl in 2010 habe sich ganz anders und zwar steigend entwickelt. „Und das hat nichts mit dem Zuzug von Flüchtlingen zu tun. Städte werden attraktiver“, so Schindler. Viele Baugründstücke befinden sich derzeit in B-Planverfahren. „5000 Wohnungen sind in der Planung, die 2023/25 am Start sind“, erläutert der Senator. Während davon nur 800 Wohnungen für sozialen Wohnraum entstehen, solle bis 2021 für mehr und mehr Baugebiete Baurecht für unterschiedliche Angebote geschaffen werden. Indes macht Stefan Probst vom Lübecker Bauverein zu geringe Fördermittel und stark gestiegene Preise in der Bauwirtschaft verantwortlich für den Mangel an bezahlbarem Wohnraum. „Wir müssen und wollen bauen“, sagt er. Dafür sei auch ein Bürokratieabbau nötig, die Verfahren dauerten viel zu lange. „Lübeck hat zu sehr gespart. Es gibt zu wenig Mitarbeiter bei den Liegenschaften und in der Bauverwaltung“, appelliert er an die Lübecker Politik.
Wohnungsgesellschaften sind in die Kritik geraten
Für Eileen Munro ist das Grundproblem die Verbindung von Wohnen und Rendite. „Wohnen ist ein Grundrecht“, stellt sie fest und wünscht sich mit Verweis auf Sanierungen durch die private und in die Kritik geratene Wohnungsgesellschaft Vonovia von der Stadtverwaltung, die Erhaltung von preiswertem Wohnen in den Quartieren. Die bundesweite Privatisierung von städtischen Wohnungsbaugesellschaften in den vergangenen Jahren betrachtet Stefan Körzell, Mitglied im Geschäftsführenden DGB-Bundesvorstand, als ganz falsche Richtung. „So was kommt von so was“, sagt er und betrachtet auch das Baukindergeld als eine Fehlentwicklung. „Wir müssen bauen, bauen, bezahlbaren Wohnraum bauen“, so Uwe Polkaehn. „Damit sozialpolitische Probleme nicht zum Sprengstoff werden. Bauen nimmt den Druck aus dem Markt“, so Körzell. Doch auch der Gesetzgeber müsse Regularien schaffen, um schneller zu handeln. mpa