Musikhochschule und Theater entwickeln neues Kooperationsmodell für optimalen Einstieg in ein Berufsorchester – das Projekt ist bundesweit einmalig.
Die Musikhochschule Lübeck (MHL) und das Theater Lübeck (TL) haben ein bundesweit einmaliges Kooperationsmodell für eine Orchesterakademie entwickelt, die Musikstudierenden einen optimalen Einstieg in ein Berufsorchester ermöglichen soll. MHL-Studierende durchlaufen dabei ein dreistufiges Modell, das sie fortlaufend intensiver in die professionelle Arbeit des Philharmonischen Orchesters Lübeck einbindet. Die neue Lübecker Orchesterakademie ist im Herbst 2017 gestartet.
Verzahnung von Ausbildung und Beruf
Ihre Besonderheit ist das Zusammenwirken der beiden Institutionen MHL und TL, die die Studierenden gemeinsam betreuen, während andere Orchesterakademien in der Regel nur an das Berufsorchester angegliedert sind. Eine Verknüpfung mit der Ausbildung an einer Musikhochschule in Form eines Dreistufenmodells ist in Deutschland einzigartig. Seit September wirken die ersten Akademisten in den Konzerten und Opern des TL mit. Ziel ist eine bessere Verzahnung von Ausbildung und Beruf, die sich über drei Stufen immer mehr intensiviert. Für jede Stufe müssen die Studierenden die Hürde eines Vorspiels meistern.
Unterstützung durch die Possehl-Stiftung
Rund 40 junge Musiker stellten sich der Auswahljury vor, 20 von ihnen wurden bisher in die Orchesterakademie aufgenommen. Das Projekt, bei dem die Studierenden Pauschalhonorare für ihren Einsatz erhalten, wird von beiden Institutionen mit Unterstützung der Possehl-Stiftung Lübeck finanziert.
Studiengang Musikpraxis ermöglicht das „Schnuppern“ in ein Profiorchester
Die erste Stufe ermöglicht Studierenden der MHL im Studiengang Musikpraxis das „Schnuppern“ in ein Profiorchester. Im Rahmen einer Intensivwoche sind sie bei einem Sinfoniekonzert des Philharmonischen Orchesters Lübeck dabei. Das Probespiel für die erste Stufe findet in der aktuellen Spielzeit des TL im Frühjahr 2018 statt. In der zweiten Stufe können bis zu siebzehn Studierende der MHL höherer Semester teilnehmen, die sich in ihrem Studium auf Orchesterspiel spezialisiert haben oder bereits im Master studieren. 20 MHL-Studierende haben für die zweite Stufe bereits vorgespielt. Unter ihnen erhielten vier Violinisten, zwei Bratschisten, eine Cellistin, ein Kontrabassist und sieben Bläser einen Platz in der Orchesterakademie. Sie wirken in zwei Sinfoniekonzerten und zwei Opern mit maximal 40 Diensten mit.
20 internationale Bewerber
Die dritte Stufe der Orchesterakademie richtet sich nicht nur an MHL-Studierende, sondern wird bundesweit ausgeschrieben. Sie ist auf die weitere Professionalisierung ausgerichtet. Von den rund 20 internationalen Bewerbern wurden fünf junge Musikerinnen und Musiker ausgewählt: Bei den Schlagzeugern setzte sich der MHL-Student Holger Roese aus der Klasse von Professor Johannes Fischer durch. Boshi Liu, Absolvent aus der Klasse von Professor Ulf Tischbirek wurde als Cellist in die Akademie aufgenommen. Als weitere Akademisten wählte die Jury aus Vertretern des TL und der MHL eine Violinistin, eine Bratschistin sowie einen Kontrabassisten aus. Zehn Monate lang sind die jungen Musiker Akademisten bei den Lübecker Philharmonikern und werden für maximal 150 Dienste eingesetzt. MHL-Präsident Professor Rico Gubler zur neuen Orchesterakademie: „Die MHL entwickelt mit diesem Angebot den Praxisbezug ihrer Orchesterausbildung systematisch weiter.“
Orchesterakademie löst das Orchesterstudio ab
Die Orchesterakademie löst das Orchesterstudio der MHL und des TL ab, das Musikstudierenden dank Unterstützung der Possehl-Stiftung bereits seit 2004 Einblick in die professionelle Orchesterarbeit ermöglicht hat. Rund 200 Studierende haben das Orchesterstudio seitdem durchlaufen.
Foto: Thomas Biermann (hinten, v. l., Philharmonisches Orchester), Prof. Jörg Linowitzki, Beauftragter für die Orchesterakademie, MHL-Präsident Prof. Rico Gubler und Andreas Wolf, Kommissarischer Generalmusikdirektor des TL, mit Caroline Lüer (vorne, v. li.), Julia Puls, Holger Roese und Caroline Spengler. © Christine Rudolf