Lübecker Meldebehörde macht mobil

Bürgerschaft setzt auf den Bürgerkoffer. Stadtteilbüros bleiben zu.

Die mobile Meldebehörde: Das scheint für eine breite Mehrheit der Bürgerschaft die Lösung zu sein für die langen Wartezeiten in den Stadtteilbüros und in der Zulassungsstelle. Ab dem 1. Januar 2018 sollen die Bürger ihre Melde- und Zulassungsangelegenheiten bequem vor Ort in Schulen, Stadtteilbibliotheken oder Jugendzentren erledigen können. Dank der sogenannten „Bürgerkoffern“ würde jeder der zehn Lübecker Stadtteile mindestens einmal wöchentlich sein eigenes Meldebüro haben. Außerdem soll das Personal im Meldewesen der Hansestadt um acht Stellen erhöht werden. Das haben CDU, BfL, Grüne und FDP entschieden. Die Wiedereröffnung der vier geschlossenen Stadtteilbüros – wie von SPD und GAL gefordert – ist damit vom Tisch.

Schließung der Lübecker Stadtteilbüros

Bei der Entscheidung für die mobile Lösung legten die Stadtabgeordneten eine große Flexibilität an den Tag. Denn die Parteien wechselten überraschend die Positionen. War die CDU früher gegen die Schließung der Stadtteilbüros, will sie sie nun nicht wiedereröffnen. Die SPD, die seinerzeit entschlossen für die Abschaffung war, drängt nun auf die Wiedereröffnung der Büros in Kücknitz, Moisling und St. Lorenz. Der akrobatische Positionswechsel ging mit lautem Schimpfen, Ächzen und Wahlkampfgetöse vonstatten.

Bürgerkoffer als Ergänzung

Scharf ging Frank Zahn (SPD) Innensenator Ludger Hinsen (CDU) und dessen Vorgänger Bernd Möller (Grüne) an. „Wenn 30 Prozent der Stellen in den Ämtern nicht besetzt sind, was ist das für eine Amtsleistung? Jetzt müssen wir Ihre Hausaufgaben selbst erledigen.“ So beantragten die Sozialdemokraten die Aufstockung des Personals. Sie wollten ferner, dass drei Stadtteilbüros wiedereingerichtet werden – zusätzlich zu den existierenden zwei in der Altstadt und auf Marli. Dafür kämpfte auch die GAL. „Die Schließung war ein katastrophaler Beschluss“, räumte Antje Jansen ein. „Das einzige, was man machen kann, ist die Stadtteilbüros wieder zu öffnen.“ Vertrauen in mobile Lösungen hegte ihr Parteikollege Rolf Klinkel wenig: „Der Bürgerkoffer ist nicht das Gelbe vom Ei, er kann nur als Ergänzung funktionieren“, meinte er. Zahn stellte dies gar in Frage: „Wir haben noch nicht herausgefunden, ob der Bürgerkoffer überhaupt funktioniert.“ Ähnlich sah es nach der Bürgerschaftssitzung auch der unabhängige Bürgermeister-Kandidat Detlev Stolzenberg (parteilos). „Bürgerkoffer ersetzen in keiner Weise Bürgerbüros“, teilte er in einer Presseerklärung mit.

Vertrauen in mobile Dienstleistungen

Mehr Vertrauen in mobile Dienstleistungen bekundete Marcel Niewöhner (BfL). „In ostdeutschen Kommunen ist der Bürgerkoffer völlig normal. Aber in Lübeck kriegt es die IT-Abteilung nicht gebacken“, sagte der Fraktionschef und machte Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) dafür verantwortlich. „Stadtteilbüros in Amtsstuben sind kein moderner, sondern ein altbackener Ansatz für den Bürgerservice. Mit modernen mobilen Systemen kann man viel mehr Menschen erreichen“, behauptete Thorsten Fürter (Grüne). Der Fraktionschef der CDU, Christopher Lötsch, sah es ähnlich. „Unser Konzept ist zukunftsweisender. Wir wollen, dass die Verwaltung vor Ort ist, dass die Bürger schnell bedient werden und das in jedem Stadtteil.“ Von der zweistündigen Debatte zog Ragnar Lüttke (Linke) ein nachdenkliches Fazit: „Egal wie wir entscheiden, es wird Monate dauern, bis die Bürger etwas davon haben.“ SDF

 

Foto: Frank Zahn (SPD):„Dass Stellen unbesetzt bleiben, ist ein dolles Ding!“ © SDF

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