
Wer auf dem Zubringer von Skandinavienkai zur B75 steht und sich nach dem Blick auf das MAZ Travemünde umdreht, sieht die Nähe der Ivendorfer Wohnhäuser, die in nur 150 Metern Entfernung zum MAZ stehen und unter Staub und Lärm zu leiden haben. (Fotos: Hö)
Gutachter stellt die Genehmigungsgrundlage infrage und wirft den Behörden Schlampigkeit vor.
Eine ehemalige Kiesgrube wird zum Streitpunkt. Darf die Firma Scheel dort ein Mineralstoff-Aufbereitungszentrum (MAZ) betreiben oder nicht? Die Behörden haben den Betrieb genehmigt, ein Umweltschutzexperte stellt die Rechtsgrundlagen dazu jedoch infrage. Die Anwohner haben wegen der unzumutbaren Belastung bereits Klage erhoben.
Der Umweltberater Klaus Koch vom Umweltnetzwerk in Hamburg wurde von der IG Pöppendorf, der IG Ivendorf und dem Gemeinnützigen Verein Kücknitz (GMVK) im Januar mit einer Untersuchung der Änderungsgenehmigung für den Betrieb des MAZ Travemünde in der Travemünder Landstraße 282 beauftragt. Grund ist die Tatsache, dass durch eine neue Brecheranlage die Staub- und Lärmbelastung für die betroffenen Anwohner direkt am MAZ und in Ivendorf seit Anfang des Jahres stark zugenommen haben. In einer 55-seitigen Untersuchung stellte Koch jetzt seine Ergebnisse vor.
Die betroffene Kiesgrube Dornbusch wurde bis 1999 betrieben, anschließend verfüllt und die angrenzenden Häuser mit Arbeiterwohnungen verkauft. Das ganze Gelände, das der KWL gehört und an Scheel verpachtet wurde, befindet sich im so genannten Außenbereich. Laut Flächennutzungsplan der Hansestadt Lübeck ist hier lediglich eine Sondergenehmigung für den Abbau von Erden und Sanden bewilligt, es gibt weder einen Bebauungsplan, noch handelt es sich um ein Gewerbe- oder gar Industriegebiet. Darüber hinaus ist das Grundstück nicht erschlossen, es fehlen Wasser- und Abwasserleitungen. Eine wesentliche Auflage der Genehmigungsbehörde ist jedoch eine Berieselungsanlage zur Staubvermeidung. Da hier auch Abfallhölzer behandelt werden, sei der Brandschutz nicht gewährleistet, abgesehen von einer ordnungsgemäßen Abwasserentsorgung, wie Umweltexperte Koch betont.
Weitere Vorwürfe betreffen die zur Genehmigung erstellten Staub- und Lärmgutachten. Diese betrachten nur einen Teil der betriebenen Anlagen, so ist etwa die Siebanlage im Lärmschutzgutachten nicht erwähnt. Die Berechnungen beziehen sich zudem auf den Standort des mobilen Brechers in einer Mulde, der aber tatsächlich auf eine Halde steht. So kommen statt nach Genehmigung erlaubten 67 dB(A) tatsächlich rund 80 dB(A) am 30 bis 50 Meter entfernten Wohnhaus direkt am Gelände an. „Laut Arbeitsschutzgesetz müssten Sie hier einen Gehörschutz tragen“, erklärte Koch den anwesenden Bewohnern des Hauses.
Auch die betrachtete Größe des Geländes ist falsch, wie Koch ermittelt hat. Die Gutachten gehen von einer Größe 86000 Quadratmetern aus. Tatsächlich ist sie aber mit 35040 Quadratmetern deutlich geringer, was sich auf die Berechnung der Immissionswerte auswirkt. Soll heißen: Es darf weniger Lärm und Staub produziert werden als bei einer größeren Fläche.
Insgesamt kommt Koch in seiner Expertise zu dem Ergebnis, dass die Anlage sofort geschlossen werden müsste. Georg Sewe, Vorsitzender des GMVK, fragt provozierend, ob es eine Lex Scheel gebe. „Für die Ansiedlung eines anderen Unternehmens, das Bauschutt recycelt, musste extra ein Gewerbegebiet in ein Industriegebiet umgewandelt werden“, so Sewe. „Wird hier mit zweierlei Maß gemessen?“ HÖ
Danke für den tollen Artikel.
Ein kleiner Fehler ist jedoch anzumerken: Erlaubt sind lediglich 57 dB(A) – nicht 67 dB(A) wie oben geschrieben.
Mein Wohnhaus ist auf dem o.a. Foto zu sehen und man erkennt die direkte Nähe zum MAZ. Der Lärm und die Staubbelästigung ist unerträglich.
Ich hatte schon das Gesundheitsamt angeschrieben (IM MÄRZ 2017) und bis heute keine Antwort erhalten! Da fragt man sich doch wirklich, was ist mit den Lübecker Behörden los?