
Konnte durch eine waghalsige Aktion vor den Nazis gerettet werden: SPD-Vorsitzender Ralf Labeit und Chronist Ulrich Meyenborg (v.l.) mit der Fahne der Sozialdemokraten von 1922. (HÖ)
Vor 125 Jahren wurde die Gründung des „socialdemokratischen Vereins Stockelsdorf und Umgebung“ von der staatlichen Behörde in Eutin genehmigt.
Der SPD-Ortsverein feiert am Sonnabend, 25. März, die Gründung des Vereins im Sitzungssaal des Rathauses. Neben den Mitgliedern und Vertretern von Vereinen, Verbänden und Parteien werden auch die Landtagsabgeordnete Sandra Redmann, die Bundestagsabgeordnete Bettina Hagedorn und Ministerpräsident Torsten Albig bei der Feier dabei sein.
„Es war sehr schwierig etwas über die Geschichte des Ortsvereins herauszufinden“, erzählt Chronist Ulrich Meyenborg, der früher in Stockelsdorf gelebt hat und in Lübeck unter anderem als Kultursenator bekannt ist. Viele Zeitzeugen, die etwas über die Nachkriegszeit berichten könnten, leben nicht mehr und etliche Unterlagen wurden zu Zeiten des Dritten Reichs von den Nationalsozialisten vernichtet.
Umso abenteuerlicher die Geschichte der Fahne: Das Parteibanner wurde 1922 durch Dr. Julius Leber geweiht. Durch eine mutige Aktion von Paul Bredow wurde sie vor der Vernichtung durch die Nazis über die Zeit gerettet. „Er hatte die Fahne unter dem Waschbock seiner Frau befestigt“, erzählt der heutige Ortsvereinsvorsitzende Ralf Labeit. „Die Freude war groß, als er sie zum ersten Treffen nach dem Krieg mitbrachte.“
Für die Chronik hat Meyenborg viele Interviews geführt und mehrmals das Landesarchiv in Schleswig aufgesucht. Dort sind Unterlagen aus den Anfangsjahren zu finden, weil die Dorfgendarmen regelmäßig über die Umtriebe der Genossen in Eutin Bericht erstattet mussten. Alles ist in Sütterlin-Schrift gehalten, sodass Meyenborg und Labeit auf „Übersetzer“ angewiesen waren.
Es waren schwierige Zeiten damals, als die „Sozis“ ihre Anfänge hatten. Das hat Meyenborg bei seinen Recherchen für die Chronik herausgefunden. Schon vor 1871 wurden die Aktivitäten der Arbeitervereine und anderer sozialistischer Organisationen misstrauisch beäugt und waren nicht geduldet. 1878 verbot Bismarck durch das Sozialistengesetz alle sozialdemokratischen Organisationen. So traf man sich konspirativ bei Aktivitäten von Kulturvereinen wie beispielsweise die Fackenburger Liedertafel, die 1883 als Männerchor gegründet wurde.
Nachdem 1890 das Sozialistengesetz nicht verlängert wurde, versuchten auch die Stockelsdorfer Sozialdemokraten offizielle Veranstaltungen durchzuführen. Im November 1891 schließlich wurde beschlossen, den „socialdemokratischen Verein Stockelsdorf und Umgebung“ zu gründen, ein Vorstand wurde gewählt und am 29. November 1891 die Genehmigung des Vereins beantragt. Diese erging dann im Frühjahr 1892. HÖ