
Karsten Marzian (links) und Markus Dusch stellten am Dienstag in Eutin die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt vor. (Graap)
Arbeitsmarktbilanz 2016: Arbeitslosenquote in Ostholstein blieb unter dem Bundesschnitt.
Der Kreis Ostholstein steht in Sachen Arbeitslosigkeit so gut da wie lange nicht mehr. Im vergangenen Jahr sank die Zahl der Erwerbslosen auf 5,8 Prozent oder 5983 Personen – „so niedrig wie zuletzt 1992“, sagte Markus Dusch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Lübeck, am Dienstag bei der Vorstellung der Arbeitsmarktstatistik 2016 in Eutin. „Das Stellenangebot ist sogar exorbitant um 4,6 Prozent gewachsen“, erläuterte Dusch.
Damit sank die Arbeitslosigkeit in Ostholstein (-3,9 Prozent) stärker als im Landes- und Bundesschnitt (-2,9 und -3,7 Prozent). Im Vergleich zu 2005, als die Hartz-Reformen umgesetzt wurden und neben der Arbeitsagentur die Jobcenter entstanden, hat sich die Arbeitslosenquote halbiert. Wären die starken saisonalen Schwankungen nicht, könnte man fast von Vollbeschäftigung in Ostholstein sprechen.
Allerdings sehen die Zahlen in den einzelnen Regionen sehr unterschiedlich aus. Während die Quote im Bezirk Eutin 7,6 Prozent betrug, liegt sie im Bezirk Timmendorfer Strand bei 4,8 Prozent.
Bereits das siebte Jahr in Folge stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Ostholstein an – um satte drei Prozent. Die Zahl der geringfügig entlohnten Beschäftigen ist nach einer Stagnation 2015 im vergangenen Jahr um zwei Prozent gestiegen. „Das spricht dafür, dass der gesetzliche Mindestlohn zu keinem dauerhaften Arbeitsplatzverlust geführt hat“, so Dusch. Er sprach von einer großen Aufnahmebereitschaft des Marktes, der es auch zu verdanken sei, dass 60 Prozent der Arbeitslosen innerhalb von drei Monaten wieder in Lohn und Brot vermittelt werden konnten.
Wermutstropfen in der Bilanz ist der geringe Bruttodurchschnittslohn der Ostholsteiner Beschäftigten. Dieser liegt bei 2516 Euro, im Bund beträgt er 3084 Euro. Das ist das niedrigste Arbeitsentgelt aller Kreise in Westdeutschland und ist auf die Branchenstruktur in Ostholstein zurückzuführen, die im Wesentlichen durch Hotel- und Gastgewerbe, Gesundheits- und Sozialwesen sowie Dienstleistungen geprägt ist.
Eine positive Bilanz zieht auch der Chef des Jobcenters Ostholstein, Karsten Marzian. Im Bereich des SGB II sei die Zahl der Leistungsberechtigten deutlich gesunken. „1200 Menschen sind aus dem Bezug herausgegangen. Hauptursachen sind neben der Rente vor allem unsere Qualifizierungsmaßnahmen und Förderprogramme, mit denen wir die Integration auf den ersten Arbeitsmarkt unterstützen“, so Marzian.
Mit der Fördermaßnahme „Soziale Teilhabe“ würde zum Beispiel auch die soziale Infrastruktur gefördert, denn Leistungsbezieher werden unter anderem an die Tafeln, Sozialkaufhäuser oder Museen vermittelt. Marzian ist davon überzeugt, dass auch ein auf Dauer angelegter dritter Arbeitsmarkt benötigt werde, um Menschen, die perspektivisch kaum Chancen haben, um auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß
zu fassen, zumindest eine Möglichkeit zu geben, sich zu beweisen.
Die hohe Flüchtlingszuwanderung im Jahr 2015 hat sich übrigens bisher nur moderat auf die Arbeitslosigkeit ausgewirkt. Wichtig sei für diese Personengruppe eine früh einsetzende und enge Verzahnung von Sprachförderung, betriebliche Praxis und Qualifizierung. „Aufgrund der demografischen Entwicklung wird in vielen Bereichen die Nachwuchs- und Fachkräftegewinnung schwieriger und bremst sogar weitere Beschäftigungszuwächse. Hier bietet neben der Integration geflüchteter Menschen die Aus- und Weiterbildung Geringqualifizierter gute Chancen“, so Dusch und weiter: „In Ostholstein gibt es gerade bei Fachkräften Engpässe auf dem Arbeitsmarkt“, betonte Markus Dusch und wies auf eine fatale Entwicklung hin, die auch durch Migration nicht aufzuhalten sei: „Den Betrieben in Schleswig-Holstein werden in den nächsten zehn Jahren 120000 Nachwuchskräfte fehlen.“ vg