Gut 800 Stühle hatten die Organisatoren in der Rotunde der Musik- und Kongresshalle aufgestellt, die meisten blieben leer. Zur Diskussionsveranstaltung über den Bürgerentscheid am 18. Dezember und über die geplante Umgestaltung der Straße an der Untertrave kamen weniger als 200 Menschen. Und es waren hauptsächlich Befürworter des sofortigen Umbaus.
Von den Naturschützern, die für den Erhalt der 48 Linden an der Kaikante kämpfen, mischte sich nur eine Handvoll unter dem Publikum. Bereits einige Tage davor hatte das Aktionsbündnis „Lübecks Linden leben lassen“ angekündigt, an der Podiumsdiskussion nicht teilnehmen zu wollen. Der Sprecher des Bündnisses, Arnim Gabriel, fürchtete eine „von Bürgermeister Saxe inszenierte Imageveranstaltung“. Zudem warf er dem Moderator des Abends, Frank Claus von der Mediationsberatung IKU aus Dortmund, Parteilichkeit vor. Denn dieser wollte nicht nur über die Linden sprechen, sondern auch über die Folgen eines Umbaus oder Nicht-Umbaus für Anlieger, Straßenverkehr, Wirtschaft und Tourismus. „Die vom Moderator vorgegebene Fragestellung beweist, dass die Wahlberechtigten nicht über die unterschiedlichen Auffassungen, die Gegenstand des Bürgerentscheids sind, aufgeklärt, sondern bewusst in die Irre geführt werden sollen“, sagte Gabriel. Der bundesweit tätige Mediator Claus verteidigte sein Vorgehen. Der Bürgerentscheid frage nicht bloß, ob die Linden stehen bleiben, sondern auch, ob die Pläne für die Untertrave geändert werden müssen. „Das Problem bei solchen Bürgerentscheiden ist, dass es sich immer um sehr verkürzte Fragestellungen handelt. Aber wenn man den Blick auf die Folgen wirft, kann man auch zu anderen Einschätzungen kommen.“
Die von manchen gefürchtete Show-Inszenierung blieb aus. Claus verzichtete auf beeindruckende Werbevideos, tolle Diavorführungen und Ähnliches. Stattdessen lud er auf der absichtlich karg gestalteten Bühne Vertreter der städtischen Verwaltung aber auch Anwohner, Ladeninhaber und Betroffene. Und ging häufig zum Publikum, um es zu Fragen aufzumuntern. Beinahe alle Wortmeldungen befürworteten die jetzigen Pläne ohne die Bestandslinden und mit 60 neuen Bäumen. Jutta Hastenrath drängte auf die Realisierung der städtischen Pläne und dachte dabei an die bessere Aufenthaltsqualität für die Anwohner, Fußgänger und Radfahrer: „Der Umbau ist eine lebenserhaltende Maßnahme für Menschen.“ Architekt Ingo Siegmund betonte die Zweckmäßigkeit des Umbaus zur Promenade. „Wenn die Funktionalität der Baumaßnahme nicht gegeben ist, dann ist sie ein Fehler.“ Ein Touristenführer hoffte: „Je schneller die Untertrave fertig ist, desto schneller werden Besucher ihr Geld hier lassen.“
Vielfach äußerte das Publikum die Sorge, dass ein Erfolg des Bürgerentscheids den Umbau der Untertrave in die Länge ziehen könnte. „Die ersten Workshops gab es 2002 und 2003, jetzt könnte es mit dem Umbau los gehen. Wie lange wird es dauern, bis die Untertrave fertig ist, wenn wir wieder von vorne anfangen?“, fragte ein Bürger und bekam kräftigen Beifall. SDF
Wenig Interesse an Untertraven-Diskussion
