
In über 50 Veranstaltungen wird der Opfer der NS-Diktatur gedacht. Erstmals ist ein Programmheft erschienen.
Früher war es ein einfaches Blatt Papier, mittlerweile ist es ein 40-seitiges Heft geworden. Was vor 26 Jahren als Reaktion auf eine Welle rechtsradikaler Anschläge spontan entstand, ist heute ein vielfältiges und dichtes Angebot an Führungen, Gesprächen, Ausstellungen, Begegnungen und Gedenkveranstaltungen geworden. Mit „Zeit des Erinnerns“ gedenkt Lübeck der Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und mahnt zu Toleranz und gegenseitigem Verständnis. „Solche Veranstaltungen werden überall in Deutschland gemacht“, sagt Koordinator Christian Rathmer vom Geschichtskontor Lübeck, „aber hier in Lübeck ist es wirklich etwas Besonderes, weil es in keiner anderen Stadt eine solche Breite an Initiativen gibt, die sich der Erinnerung verpflichtet fühlen.“
Das Kulturbüro der Hansestadt und 38 Initiativen, Vereine, Kirchen und Gemeinden sowie Museen laden auf über 50 Veranstaltungen dazu ein, an die Opfer, die Widerstandskämpfer und die Täter der NS-Zeit zu erinnern. Auch eine Zeitzeugin wird sich zu Wort melden. Malka Rosenthal, die als junges Mädchen die Shoa überlebte und im Lager Pöppendorf war, wird aus Israel live zugeschaltet sein, wenn aus dem Buch „Marisha – Das Mädchen aus dem Fass“ gelesen wird (14. November, 18 Uhr, Hanse-Schule). Erstmals beteiligt sich der Verein CSD Lübeck an der Veranstaltungsreihe. Mit dem Vortrag „Warum das Dritte Reich für Homosexuelle 1945 nicht zu Ende war“ wird der Kölner Historikers Marcus Velke (11. November, 19 Uhr, Haus der Kulturen) die längerfristigen Folgen der NS-Diktatur erläutern. „Das passt gut in die jetzigen Diskussionen um die Rehabilitierung der Menschen, die nach Paragraf 175 verurteilt wurden“, sagt Christian Till vom CSD Lübeck. Am Volkstrauertag (13.
November) werden Vertreter der Stadt vormittags Kränze am Mahnmal am Zeughaus und an den Ehrenmalen auf den städtischen Friedhöfen und in den Kirchen niederlegen. Die zentrale Gedenkfeier im Rathaus beginnt um 11.30 Uhr. Gleichzeitig wird ein ökumenischer Gottesdienst der vier Lübecker Märtyrer gedenken (11.30 Uhr, Lutherkirche). Abgeschlossen wird die „Zeit des Erinnerns“ am 6. Dezember mit einer Veranstaltung am Zeughaus. An diesem Tag jährt sich die Deportation der Lübecker nach Riga zum 75. Mal (Zeughaus, 18 Uhr).
„Die Vergangenheit hat einen Sinn, wenn man aus ihr lernt“, sagt Kultursenatorin Kathrin Weiher (parteilos) und unterstreicht die aktuelle Bedeutung der Veranstaltungsreihe. „Wir merken zurzeit wieder ein Aufflammen des rechtsradikalen Gedankenguts und gerade deswegen brauchen wir Menschen, die daran erinnern, zu welchen menschenverachtenden Geschehnissen es im Dritten Reich gekommen ist.“
SDF