
Walter Schley (li.) und andere Anwohner der Moorgartener Straße werden noch einmal von der Hansestadt zur Kasse gebeten. (privat)
Anwohner sollen noch mal für Straßenbaumaßnahme zahlen – Interessengemeinschaft geplant.
Über 80 der rund 300 Einwohner von Moorgarten machten Anfang vergangener Woche auf einer Dorfversammlung ihrem Ärger über die Hansestadt Lübeck Luft. So wie Walter Schley aus der Moorgartener Straße erhielten viele vom Bereich Stadtgrün und Verkehr einen vorläufigen Zahlungsbescheid für Straßenarbeiten, die rund zwei Jahre zurückliegen.
Rückblende: 2011 informierten die Entsorgungsbetriebe Lübeck über anstehende Sielarbeiten und die damit verbunden Kosten für die Anlieger. Im Fall von Walter Schley waren es rund 3800 Euro.
„Damals dachten wir, es wäre damit alles erledigt“, so der 80-Jährige.
Doch die Anwohner hatten die Rechnung ohne die Hansestadt Lübeck gemacht. Denn die Baumaßnahme wurde aufwendiger und damit teurer als geplant, darüber informiert wurden die Bürger seinerzeit jedoch nicht. Die Hansestadt begründet das heute mit der damals bereits laufenden Baumaßnahme und dem damit verbundenen Zeitdruck.
Ursprünglich sollten nur die Rohrgräben wieder geschlossen werden und alle Straßen eine neue Asphalttragdeckschicht erhalten. Die Kosten hierfür hätten wie geplant die Entsorgungsbetriebe übernommen, so dass tatsächlich keine weiteren Kosten auf die Eigentümer zugekommen wären. Während der Arbeiten wurde aber festgestellt, dass durch dieses Vorgehen innerhalb kurzer Zeit erhebliche Setzrisse entstanden wären. Der Bereich Stadtgrün und Verkehr entschied daraufhin, in allen betroffenen Straßen eine 20 Zentimeter dicke Tragschicht aus Recyclingmaterial einzubauen. Darauf wurden dann sowohl eine Asphalttragschicht als auch eine Asphaltdeckschicht aufgebracht.
Innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist von vier Jahren ist die beitragsrechtliche Prüfung nun abgeschlossen. Das Ergebnis bedeutet für Walter Schley Kosten von zusätzlichen rund 4000 Euro. „Ich weiß von zwei Betroffenen, die dafür eine Hypothek aufnehmen müssen“, sagt der ehemalige Installationsmeister.
Die Hansestadt Lübeck kann die ganze Aufregung nicht verstehen. Sie hat schließlich bei kleineren Baumaßnahmen keine gesetzliche Informationspflicht gegenüber den Bürgern. „Genau genommen bedeuten die umfangreicheren Baumaßnahmen sogar eine Entlastung der Anwohner. Denn durch den ursprünglichen Plan hätten die Straßen bereits nach wenigen Jahren wieder grundlegend erneuert werden müssen“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme der Pressestelle.
Sascha Sebastian Färber, Geschäftsführer vom Haus- & Grundbesitzerverein in Lübeck, dagegen kann die Empörung der Anwohner verstehen. Auch wenn die Bescheide erst einmal bezahlt werden müssen, rät der Rechtsanwalt den Betroffenen, fristgerecht Widerspruch einzulegen.
In einem zweiten Schritt sollten die Anwohner eine Interessengemeinschaft gründen und anschließend die Rechtslage prüfen lassen. Sascha Sebastian Färber warnt aber vor allzu großen Erwartungen, denn nur selten kommt es zu einer Aufhebung der Bescheide. afu