
Sie wollen Betroffene informieren und mit Politikern diskutieren: Detlev Wulff (Paritätische S-H), Sissi Wiedemann und Matthias Schuldt (Inklusions-AG der Brücke) und Frank Nüsse (Geschäftsführer Brücke). (Fotos: Mpa/ Do)
Die Inklusions-AG der Brücke informiert am Dienstag, 21. Juni in der Gemeinnützigen.
Die Reformierung des seit den 70er Jahren geltenden Bundesteilhabegesetzes gilt als das größte behinderten- und sozialpolitische Vorhaben der Bundesregierung. Es soll auf Grundlage der UN-Behindertenrechtskonvention den Anspruch auf die volle und wirksame Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erfüllen. Eine Veranstaltung der Inklusions-AG der Brücke in Kooperation mit dem Paritätischen Schleswig-Holstein am Dienstag, 21. Juni, von 16 bis 19 Uhr im großen Saal der Gemeinnützigen in der Königstraße 5, soll Menschen mit Behinderungen, Angehörige und Fachkräfte über die Inhalte und Auswirkungen des komplexen Gesetzes informieren.
„Wir haben Politiker eingeladen, wollen diskutieren und mit ihnen ins Gespräch kommen“, sagt Sissi Wiedemann, Mitglied der Inklusions-AG und Betroffene. Die Arbeitsgemeinschaft hat sich ausführlich mit den Inhalten des neuen Gesetzes auseinandergesetzt. „Für mich ist der Entwurf ein Schritt zurück. Ich befürchte, künftig nicht mehr nach in Entscheidungsprozesse eingebunden zu sein. Ich habe immer alleine gewohnt. Ein Leben in einem Heim würde ich nicht ertragen“, führt Sissi Wiedemann an. Galt bislang die Praxis „ambulant vor stationär“, beinhaltet das neue Gesetz viele „schwammige Schwachstellen, die verschieden ausgelegt werden können“, bestätigt Frank Nüsse, Geschäftsführer der Brücke gGmbH. Nicht nur ein Rechtsanspruch auf unabhängige Beratung fehle im vorliegenden Entwurf, auch das Wunsch- und Wahlrecht werde durch die „Hintertür“ einkassiert, denn die Kosten für Hilfe und Unterstützung dürfen sich künftig nur noch im unteren Drittel des Angebotssegmentes bewegen.
„Sozialleistungen sind nicht günstig“, weiß Nüsse. „Doch mit diesem Gesetz lässt man es zu, dass kranke Menschen noch kranker werden.“
Nach den Forderungen eines breiten Bündnisses von Sozial- und Behindertenverbänden sowie von Betroffenen, Angehörigen und Leistungsanbietern soll das neue Gesetz keine Verschlechterungen für behinderte Menschen beinhalten. „Der jetzige Gesetzesentwurf lässt jedoch genau dies befürchten“, gibt Detlev Wulff, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände Lübeck, zu bedenken. Vom nicht umgesetzten Anspruch auf volle Teilhabe wie in der UN-Behindertenrechtskonvention bis hin zur Eingliederungshilfe gebe es sehr viele Schwachstellen. „Das sind Stellschrauben, an denen bei klammen Kassen gedreht werden kann“, sagt er. mpa