Grüne und Ex-Grüne streiten in der Bürgerschaft

Die einen waren pünktlich da, die anderen kamen mit leichter Verspätung in die Bürgerschaft. Die einen trugen Jackett oder Sakko, die anderen fühlten sich in Pullis wohler. Die einen rutschen weiter zur Mitte der Sitzordnung, die anderen gruppierten sich am linken Flügel des Stadtparlaments. Man könnte sagen, die Abspaltungen der Grünen und der Linken sowie die Bildung der neuen Fraktion grün+alternativ+links (GAL) vor einem Monat hat für mehr Klarheit im Rathaus gesorgt.

Wo genau die politische Grenze liegt, offenbarte dann die Diskussion über die Einführung von Ortsbeiräten in allen Stadteilen Lübecks.

Diesmal war es ein gemeinsamer Antrag von FDP, Linken und Freien Wählern, der prüfen lassen wollte, wie und bei welchen Kosten Stadtteilbeiräte eingeführt werden könnten. „Wir möchten den Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit geben, sich mehr und aktiver in die Kommunalpolitik einzumischen“, erklärte Thomas Rathcke (FDP). CDU und SPD beteiligten sich an der Diskussion zu diesem Tagesordnungspunkt gar nicht. Ihre Standpunkte sind ehe bekannt: Mit runden Tischen, Stadtteiltreffen, Ortsvereinen und -verbänden gebe es bereits ausreichend Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung.

Solche Argumente teilten nun auch die Rest-Grünen in der Bürgerschaft. „Unsere Stadt Lübeck ist so übersichtlich“, erklärte Michelle Akyurt, „die politische Diskussionen dürfen nicht zerfransen und an andere Orte gebracht werden. Wir wollen, dass die Bürgerbeteiligung hier im Rathaus stattfindet.“ André Kleyer stieß sich an der praktischen Realisierbarkeit: „Ortsbeiräte kosten Geld, und diese Stadt hat nicht so viel Geld wie Kiel, wie Rostock, wie Flensburg.“ Thorsten Fürter kritisierte, dass die Mitglieder der Ortsbeiräte nach politischer Proporz bestimmt werden und deswegen nicht der richtige Weg für mehr Bürgerbeteiligung seien. Selbst organisierte Tischrunden fand er „besser und demokratischer und weniger obrigkeitsstaatlich als das Modell der Ortsbeiräte.“

Das ehemals grüne und heute GAL-Bürgerschaftsmitglied Karl-Wilhelm Howe rieb sich verwundert die Augen: „Ortsbeiräte, das ist Demokratie von unten. Vor Jahren haben sich die Grünen vehement dafür ausgesprochen, dass es Ortsbeiräte gibt. Jetzt machen sie richtige Politik, jetzt wollen sie es nicht mehr.“ Seine Fraktionskollegin Antje Jansen hob hervor, dass Ortsbeiräte als Teil der Selbstverwaltung ganz andere Eingriffsmöglichkeiten haben. „Vereine und Verbände in der Stadt machen total gute Sachen. Aber sie sind in kommunalen Strukturen gar nicht eingebunden.“

Schließlich stimmten CDU, Grüne und SPD gegen die Prüfung von Ortsbeiräten. SDF

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