
Über 100 Anwohner waren zur Infoveranstaltung in die Achim-Bröger-Schule gekommen. (afu)
SPD ruft Bürger zum Widerspruch auf — vor allem die Dorfstraße wäre stark betroffen.
Sereetz. „Kiesabbau in Sereetz — Tod der Dorfstraße?“ lautete der etwas provokative Titel eines Informationsabends, zu dem die Sereetzer SPD am Montag in die Achim-Bröger-Schule eingeladen hatte. Stein des Anstoßes ist das von der Lübecker Firma Prokom im Auftrag der Gemeinde Ratekau erstellte Gutachten „Konzentrationsflächen Kiesabbau“. Das Ergebnis der rund 22000 Euro teuren Studie weist im gesamten Gemeindegebiet acht potentielle Konzentrationsflächen zum Kiesabbau aus, drei davon in unmittelbarer Nähe von Sereetz (s. Infokasten). Weil der gesamte Lkw-Verkehr vor allem über die Dorfstraße erfolgen würde, befürchten die vier Sereetzer SPD-Gemeindevertreter massive Lärmbelästigungen, vermehrte Abgase und Schäden an Häusern und Straßen durch die Schwertransporte.
Der entsprechende Entwurf- und Auslegungsbeschluss wird voraussichtlich in der Gemeindevertretersitzung am 14. April gefasst und liegt dann in Ratekau zur Ansicht aus. „Wenn Sie den Kiesabbau vor Ihrer Haustür nicht wollen, kann ich Sie nur bitten: Schreiben Sie der Gemeinde, lehnen Sie das Vorhaben ab“, lautete Wolfgang Niemanns Appell an die Teilnehmer. Im September erfolgt dann wahrscheinlich Teil drei des Verfahrens, der sogenannte Satzungsbeschluss. Dann sind keine Änderungen mehr möglich. „Und dann kann es schnell mit dem Abbau losgehen, schließlich stehen große Projekte wie die 380kV-Ostküstenleitung und die Hinterlandanbindung zur Festen Fehmarnbeltquerungn an“, machte sich Wolfgang Niemann keine Illusionen.
Aufgrund der geologischen Bedingungen ist die Gemeinde Ratekau reich an Kies- und Sandvorkommen, die bereits seit mehreren Jahrzehnten ausgebeutet werden. „Wir sind der Meinung, dass Sereetz schon einen großen Beitrag geleistet hat und immer noch leistet“, so Wolfgang Niemann. Gerade bei den älteren Teilnehmern des Info-Abends, die ihre (negativen) Erfahrungen mit dem Kiesabbau gemacht haben, regte sich großer Unmut über die derzeitige Planung. So warf Andreas Sprank auch die Frage auf, was denn nach dem Abbau mit dem Gelände passiert.
Eine Totalblockade ist nicht möglich, die Gemeinde ist verpflichtet, Kiesabbauflächen auszuweisen. Die SPD hält die bereits genehmigte Ausweisung der Potenzialfläche 6 (Tiefende), die derzeit von der Firma Schütt ausgebeutet wird, für ausreichend. Die dort noch vorhandenen Ressourcen reichen nach Schätzungen für die nächsten fünf bis acht Jahre. Im Gegensatz zum Gutachten hält die Sereetzer SPD die Potenzialflächen 4 (Ratekauer Kiefern) und 5 (Sereetz Nord) nicht für geeignet. In einem Brief an den Bürgermeister wird darauf hingewiesen, dass das Gebiet 4 „die Grundlage der Sereetzer Wasserversorgung“ bildet. Außerdem befinden sich an dem Standort zehn bis zwölf Steingräber aus der Bronzezeit sowie zahlreiche ausgewiesene Habitatbäume. Als Biotop- oder Habitatbaum werden Bäume bezeichnet, die besondere Lebensräume für andere Lebewesen anbieten. Dabei handelt es sich meistens um sehr alte, zum Teil auch schon absterbende oder tote Bäume. Das Abbaugebiet 5 hält Dr. Jörn Funk für schützenswert, weil „Dr. Klaus Voß in seinem biologischen Gutachten eine Vielzahl von wertvollen Pflanzen und Tieren nachgewiesen hat. Deren Zahl liegt sogar höher als im oberen Sielbektal und das ist bereits als Naturschutzgebiet ausgewiesen“, sagte der Vorsitzende des Sereetzer Umweltvereins. Nun liegt es an den Bürgern, sich zu entscheiden: für mehr Steuereinnahmen oder Lebensqualität.
• afu