
Nach einem Deutsch- und Integrationskurs ist die syrische Musikerin Sousan Eskandar in ihrer neuen Heimat Lübeck angekommen. (DO)
Die syrische Geigerin Sousan Eskandar unterrichtet Flüchtlingskinder zusammen mit Deutschen.
„Musik ist ein ganz starkes Mittel, um in ein normales Leben zurückzukehren.“ Sousan Eskandar weiß, wovon sie spricht. Die syrische Geigerin des ehemaligen Nationalorchesters in Damaskus trat seit 2008 regelmäßig als Gast beim Morgenland Festival in Osnabrück auf. Danach ist sie stets wieder in ihrer Heimat zurückgereist. „2012 bin ich dann geblieben.“ Einfach so.
„Ich wollte schon nach meinem Studium am Konservatorium in Damaskus hierher. Deutschland ist ein Musikland.“ Seit dem 10. Dezember 2012 lebt die 30-Jährige in Lübeck. „Davor war ich in Neumünster angemeldet. Ich musste in Schleswig-Holstein bleiben. Ich hatte gehört, dass Lübeck eine sehr schöne Stadt ist und eine Musikhochschule hat.“ Damit war die Entscheidung gefallen.
Die ersten eineinhalb Jahre hätte sie in der Hansestadt zwar fast nur auf ihre Papiere gewartet. Als sie diese dann in Händen hielt, fing sie im Juli 2014 an, bei Berlitz in Lübeck Deutsch zu lernen. Und fand schnell erste Freunde. Ihre Gruppe und die Lehrer wurden zu einer Art „Ersatz-Familie“. Sieben Stunden paukten sie täglich gemeinsam Grammatik und Vokabeln. Das verbindet. Nach rund 600 Deutschstunden hatte sie B1 in der Tasche und setzte noch einen Lehrgang mit dem Sprachniveau B2 drauf. „Das war mir aber zu schwer“, sagt sie, was aber nicht heißt, dass sie es nicht noch einmal versuchen wird: „Es ist nichts unmöglich, aber es braucht Zeit, die Grammatik und die vielen Wörter zu beherrschen.“
Doch ihre Sprachkenntnisse sind inzwischen so weit fortgeschritten, dass Sousan Eskandar an ihrer musikalischen Karriere weiterstrickt und sich ihr Terminkalender peu à peu füllt. „Ich organisiere Auftritte in Lübeck, Bremen und Lüneburg mit klassischer und orientalischer Musik oder Stücken von syrischen Komponisten, die mir besonders am Herzen liegen.“ Seit März 2015 spielt sie bei Kammerpop mit. Und in diesem Sommer geht sie mit dem Briten Damon Albarn, dem Frontmann der Britpop-Band Blur, und weiteren Gästen auf Tour. Sie geben gemeinsame Konzerte beim Glastonbury Festival in England, beim Holland-Festival und beim Roskilde Festival in Dänemark.
Besonders glücklich ist die Geigerin über ein Musikprojekt in Zusammenarbeit mit dem Johanneum zu Lübeck, das seit zwei Monaten läuft. Gemeinsam mit einer russischen Kollegin gibt sie Flüchtlings- und deutschen Kindern im Alter von sieben bis 13 Jahren zwei Mal pro Woche Musikunterricht. „Ich sehe es als meine Aufgabe an, mit Musik zu integrieren.“ Und das passiert. Denn: „Musik verbindet. Die Kinder lernen, sich gegenseitig zu respektieren und zuzuhören. Und es macht allen großen Spaß, gemeinsam zu musizieren“, sagt die Musikerin, die sich — seit sie acht Jahre ist — keinen anderen Beruf vorstellen kann. DO