Senator: „Geben Sie diesem Standort eine Chance“

Nun ist es amtlich: In der Fackenburger Allee 40-42 ist eine neue Gemeinschaftsunterkunft entstanden. Noch in diesem Monat werden dort 120 Flüchtlinge untergebracht. Die Entscheidung für den Standort fiel im Dezember letzten Jahres, innerhalb von sechs Wochen hat der Eigentümer, die Wohnungsbaugesellschaft Bauhütte Lübeck AG, das ehemalige Telekom-Gebäude in Absprache mit dem Bereich Soziale Sicherung umgebaut. Der Mietvertrag mit der Hansestadt Lübeck läuft über drei Jahre. „Geben Sie diesem Standort, geben Sie den Menschen, die dort einziehen, eine Chance“, sagte der zuständige Wirtschafts- und Sozialsenator Sven Schindler bei der Informationsveranstaltung, zu der am Mittwoch rund 100 Bürger in den Gemeindesaal der St.

Lorenz-Gemeinde gekommen waren.

Viele von ihnen beklagten sich darüber, vor vollendete Tatsachen gestellt worden zu sein. Die Begründung des Sozialsenators, man habe zunächst die Bürger über den genauen Standort informieren wollen und nicht die Medien, wurde von vielen mit Gelächter quittiert. Zustimmung kam dagegen von der FDP: „Mit 120 Flüchtlingen kann man leben. Außerdem gibt es dort eine sehr gute Infrastruktur“, sagte Joachim Schlitzke.

Tatsache ist: Die Flüchtlingskrise stellt auch die Hansestadt vor gewaltige Herausforderungen. Nach rund 2450 Flüchtlingen im Jahr 2015 rechnet Sven Schindler für das laufende Jahr mit 3500 Menschen, die untergebracht werden müssen. 45 Gemeinschaftsunterkünfte gibt es im gesamten Stadtgebiet, weitere werden hinzukommen. „Wir müssen in diesem Jahr bis zu 1800 Plätze schaffen. Ich will nicht sagen ,Wir schaffen das‘, aber wir wollen es auf alle Fälle versuchen“, so der Sozialminister. In Travemünde an der Ostseestraße, in Schlutup an der Wesloer Straße und am Herrendamm werden sogenannte Holzmodul-Bauten entstehen. Außerdem ist an anderen Standorten der Aufbau von sogenannten „Neustädter Häuschen“ geplant. „Das sind kleine, autarke Einheiten, die über Dusche, WC und Küchenzeile verfügen“, erklärte Sven Schindler.

Im Auftrag der Hansestadt übernimmt die Gemeindediakonie die Betreuung aller Gemeinschafts- und Notunterkünfte. „Unsere Arbeit hat zwei Schwerpunkte: die Stärkung der Selbsthilfepotentiale und die sogenannte Wohnfähigkeit“, erläuterte Geschäftsführerin Dörte Eitel. In der Fackenburger Allee werden drei Mitarbeiter und zusätzlich noch sogenannte Betreuungsassistenten arbeiten. „Wenn es Probleme mit Lärm oder Müll gibt, sprechen Sie unsere Mitarbeiter direkt an. Sie sind nicht nur für die Flüchtlinge, sondern auch für die Nachbarn da“, sagte Dörte Eitel.

Wer nun genau in die neue Unterkunft einziehen wird, konnten die Verantwortlichen noch nicht sagen. Die meisten Anwesenden „wünschten“ sich Familien. Große Bedenken haben dagegen viele bei alleinstehenden jungen Männern. „Wir werden für eine gute Durchmischung sorgen“, versprach Claudia Schwartz. Am Ende der zweistündigen Veranstaltung appellierte Sven Schindler an die Teilnehmer, offen auf die Flüchtlinge zuzugehen. Nicht alle Anwesenden konnten oder wollten sich diesem Wunsch anschließen. afu

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Die nach Schleswig-Holstein kommenden Flüchtlinge werden zunächst in Erstaufnahmeeinrichtungen registriert und dann nach einem Einwohnerschlüssel auf die Kommunen verteilt. Danach muss Lübeck rund acht Prozent aufnehmen. Mit einem Vorlauf von zehn Tagen kündigt das Landesamt für Ausländerangelegenheiten an, wie viele Flüchtlinge kommen und ob es sich um Familien oder Einzelpersonen handelt.

Anschließend leben sie in städtischen Gemeinschaftsunterkünften, dort bleiben sie neun bis elf Monate. In dieser Zeit kommen die Kinder in den Kindergarten oder die Schule, es gibt Sprachkurse und weitere Orientierungshilfen. Wenn dann die sogenannte „Wohnfähigkeit“ vorliegt, können die Asylbewerber für ein Jahr in eine Probewohnung ziehen. Den Mietvertrag schließt die Gemeindediakonie ab.

Läuft alles glatt, übernimmt der Asylsuchende den Mietvertrag. Bei Problemen geht es zurück in die Gemeinschaftsunterkunft.

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