Jahrelang gab es Beschwerden über den verwilderten „toten Bahnsteig“ am Travemünder Strandbahnhof. Weil das zweite Gleis nicht mehr gebraucht wurde, ließ die Bahn ihre Anlage verkommen. Die Überdachung war schon lange abgängig, nur die Stahlträger mussten stehen bleiben — wegen Denkmalschutz. Ankommenden Reisenden im Seebad bot sich ein Szenario, wie es nur „Lost Places“-Fotografen schätzen.
Erst Ralph Kaerger-Thofern, Käufer des Bahnhofsgebäudes plus Bahnsteig drei und vier, machte sich ans Aufräumen. Er will wieder ein Dach auf das Gerippe setzen und den Bahnsteig als Parkplatz für die Geschäfte nutzen, die er neu im Strandbahnhof ansiedeln möchte. 45 neue Stellplätze sollen so entstehen. Da klingt es wie ein Witz, dass die Bauarbeiten jetzt von der Stadt gestoppt wurden. Der Grund: Die Fällungen und Rodungen stellen eine „Veränderung der Gestalt sowie der Nutzung der Grundfläche dar“, heißt es in dem Behördenschreiben.
Die Gehölzbestände an dem Gleis seien „natürlich durch Samenflug entstanden“. Da die Fläche jahrelang nicht genutzt worden sei, hätte sich die Natur am toten Bahnsteig ohne menschliches Zutun entwickeln können. Die Naturschützer sprechen von Brutvogelarten und einer angepassten Insektenfauna. „Durch die Fällungen und Rodung ist diese Lebensgemeinschaft zerstört worden“, wird dem Investor vorgeworfen.
Ralph Kaerger-Thofern hatte eine Gartenbaufirma schon drei Wochen arbeiten lassen, bevor er von der behördlichen Verfügung überrascht wurde. Jetzt ist alles halb fertig. „Das kann doch nicht so bleiben“, sagt er. Er hatte einen Gutachter hinzugezogen und den so verstanden, dass er fällen und roden dürfe. Jetzt hofft er auf eine gute Einigung mit den Behörden. Auch die Naturschutzbehörde betont in ihrem Schreiben, dass es ihr nicht darum ginge, „Ihre Bestrebungen für eine Entwicklung des Strandbahnhofes zu behindern“.
Vielleicht nimmt die Sache also noch ein gutes Ende. Die Travemünder werden es spätestens am 9. März erfahren. Dann sind Investor und ein Vertreter der Stadtplanung in den Ortsrat geladen, die Sitzung beginnt um 19 Uhr im Gesellschaftshaus. Thema: Der Strandbahnhof und die Bertlingstraße insgesamt. HN

Baustopp an der Bahnsteigkante: Ralph Kaerger-Thofern darf erst einmal nicht weiter abholzen.